Angebote der Stadt unzureichend

Im „Ausschuss für die Gleichstellung von Frauen und Männern“ ging es gestern im Düsseldorfer Rathaus um LSBTTI-Themen. Die SPD-Ratsfraktion wollte von der Stadtverwaltung wissen, ob beabsichtigt sei, in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Kultur spezielle Angebote für LSBTTI-Senior_innen (mit oder ohne Migrationshintergrund) sowie für Intersexuelle und Transgender zu schaffen. Die Antwort der Verwaltung: nein!

Lesbische und schwule Senior_innen

 

Der Umgang mit Diversity sei auch im Bereich der Angebote für Senior_innen wichtig, so heißt es in der SPD-Anfrage. Auch die Gruppe der Intersexuellen und Transgender habe einen besonderen Beratungs- und Unterstützungsbedarf. Die Verwaltung sieht hier jedoch keinen Handlungsbedarf. Bestehende Angebote, etwa beim Gesundheitsamt oder im kulturellen Bereich, richteten sich schließlich an alle Menschen – auch an die genannten Zielgruppen.

 

Auch die Vertreterin des Seniorenbeirates meinte, dass ihr dieses Themenfeld „absolut neu“ sei. Während ihrer langjährigen Beratungstätigkeit habe sie noch nie Anfragen zu Problemen mit Lesbisch- oder Schwulsein im Alter erhalten, sagte Ulrike Schneider, stv. Vorsitzende des Seniorenbeirates. Dem widersprach Gabriele Bischoff vom Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen: Gerade die Generation Ü60 sei nicht so offen gegenüber Dritten. Dennoch wollten Lesben und Schwule mit ihren Lebensumständen wahrgenommen werden. Spezifische Angebote seien daher eine große Hilfe für Menschen, die noch Zeiten direkter Diskriminierung miterlebt hätten und oftmals zeitlebens ungeoutet geblieben sind.

 

Offen sein reicht nicht

 

Die Vertreter_innen der Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen in Düsseldorf machten deutlich, dass es nicht ausreiche zu sagen, Angebote seien für alle offen. „Offenheit allein reicht nicht“, sagte Christian Naumann, zweiter Sachverständiger des LSBT-Forums im Ausschuss. Bahnhaltestellen seien auch für alle offen, aber eben nicht für alle gleichermaßen zu erreichen. Daher gebe es ja den Grundsatz der Barrierefreiheit, der Menschen mit Einschränkungen die Teilnahme am öffentlichen Leben ermöglichen soll. Dies müsse für alle gesellschaftlichen Gruppen gelten und eben auch bei Beratungs- und Kulturangeboten der Stadt.


Kultursensible Pflege


Ein weiteres konkretes Thema in der Ausschusssitzung war die „kultursensible Pflege“. Christian Naumann brachte die Problematik anschaulich auf den Punkt. Bei der Pflege alter Menschen sei es üblich, dass ein Mann von männlichem Pflegepersonal betreut werde und eine Frau von einer weiblichen Pflegekraft. Als schwuler Mann wolle man aber gerade in solchen Situationen nicht unbedingt von Männern gepflegt werden, sagt Christian Naumann. Zuvor hatte Dr. Klaus Göbels vom Gesundheitsamt erklärt, dass es „im Setting eines Pflegeheims um den vernünftigen Umgang mit den Patienten“ gehe; sexuelle Präferenzen seien hier nachrangig.


Auch beim Umgang und bei Angeboten mit Trans- und Intersexuellen wurde deutlich, dass die LSBT-Community in Düsseldorf noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten muss. Dass das LSBT-Forum seit kurzem im Gleichstellungsausschuss vertreten ist, ist da ein großer Schritt. Bei der gestrigen Sitzung wurde eben deutlich, dass nur der direkte Kontakt und persönliche Schilderungen zum Umdenken bewegen können. So bot Dr. Göbel dem Forum direkte Gespräche an, um die Beratungsangebote für Trans- und Intersexuelle zu verbessern.


Stiefkindadoption


Auf Initiative der FDP-Ratsfraktion beschäftigte sich der Gleichstellungsausschuss des Weiteren mit dem Thema „Stiefkindadoption“. Und auch hier ließ die Verwaltung in ihrer Antwort auf die Frage nach den unterschiedlichen Verfahren bei hetero- und homosexuellen Paare jede Sensibilität vermissen. Es gebe keine grundsätzlichen Unterschiede in den Adoptionsverfahren, und sofern es Unterschiede in der Verfahrensdauer gebe, lägen diese in den Gerichtsverfahren begründet.


Gabriele Bischoff verwies dagegen auf Beispiele aus der Region Hannover oder aus den Niederlanden, wo zum Wohle des Kindes auf das Adoptionspflegejahr bei eingetragenen gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften verzichtet werde. Derartige vereinfachte Verfahren wünsche sie sich auch für Düsseldorf.


Weiterführende Infos:


Immer dabei – Initiative für ältere Lesben und Schwule in NRW
www.regenbogenfamilien-nrw.de/wissen/stiefkindadoption/

Download
Anders leben – Anders altern. Dokumentation einer Fachtagung. Köln 2010
doku_fachtag_alter.pdf
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