Philipp Tacer ist Bundestagskandidat der SPD im Wahlkreis Düsseldorf-Nord. Der 33-jährige Derendorfer verrät im Interview mit „dq – düsseldorf queer“, was ihn antreibt und welche Themen ihm im Wahlkampf wichtig sind.
Philipp Tacer bewirbt sich 2017 um ein Mandat für den Deutschen Bundestag.
Die SPD Düsseldorf hat dich nach 2013 erneut zum Kandidaten für die Bundestagswahl im Wahlkreis 106 gewählt. Damals hast du knapp 29 Prozent der Erststimmen bekommen. Thomas Jarzombek
(CDU) zog als direkt gewählter Abgeordneter mit knapp 48 Prozent der Erststimmen in den Bundestag ein. Trotz dieser Niederlage versuchst du es nun erneut. Was treibt dich an?
Ich freue mich sehr darüber, dass die SPD Düsseldorf mich zum Kandidaten für die Bundestagswahl gewählt hat. Politik findet zwischen Menschen statt und es ist einfach so, dass ich mich sehr gerne
für unsere Gesellschaft und insbesondere für sozialen Fortschritt einsetze. Wer mit Leidenschaft an eine Aufgabe geht und Menschen mag, der erfährt Sinnstiftung im politischen Engagement. Das
treibt mich an.
Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr sieht es nicht viel rosiger aus. Neben dem Düsseldorfer CDU-Chef und MdB Thomas Jarzombek wird in deinem Wahlkreis auch die stellvertretenden
FDP-Bundesvorsitzende und Kreisvorsitzende Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann antreten. Wird das nicht ein aussichtsloser Kampf?
Was bitte schön soll an einem Wettbewerb mit CDU und FDP aussichtslos sein? Die SPD hat gute Ideen und eine klare Haltung für eine sozial gerechte und gleichzeitig tolerante und humane
Gesellschaft. Ich gehe mit großer Zuversicht in den Wahlkampf und bin mir sicher, dass viele Menschen in Düsseldorf eine Politik unterstützten möchten, die auf Gerechtigkeit, die Förderung von
Kreativität und auf ein solidarisches Zusammenleben setzt. Das Ziel ist klar: Ich möchte den Wahlkreis direkt holen und das ist natürlich auch möglich!
Bliebe noch der Blick auf die Landesliste der NRW-SPD, über die der Düsseldorfer SPD-Vorsitzende Andreas Rimkus mit Listenplatz 19 den Einzug in den Bundestag schaffte. Du standest 2013
auf Listenplatz 49, ins Parlament einziehen konnten nur 25 Kandidat_innen. Erhoffst du dir dieses Mal einen aussichtsreicheren Platz auf der Landesliste?
Ich setze wie gesagt darauf, den Wahlkreis mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu gewinnen. Eine aufgeklärte und urbane Volkspartei wie die SPD muss in einer Großstadt wie Düsseldorf den
Anspruch haben, auf Sieg zu setzen. Und die SPD Düsseldorf hat bewiesen, dass sie Großstadt kann. Ich lebe in Derendorf und bin von den Derendorferinnen und Derendorfern mit der Mehrheit der
Stimmen direkt in den Düsseldorfer Stadtrat gewählt geworden. Das möchte ich natürlich gerne auf den Bundestagswahlkreis Düsseldorf-Nord übertragen. Die Menschen interessieren sich außerdem
glaube ich mehr für Themen und Ideen, für die ein Kandidat und seine Partei stehen, als für Listenplätze.
Mit welchen Themen willst du in den Bundestagswahlkampf starten?
Soziale Gerechtigkeit und die Bekämpfung der ziemlich ungerechten Vermögensverteilung in unserem Land sind Themen, die mir wichtig sind. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen wieder mehr
soziale und wirtschaftliche Sicherheit in ihrem Leben und damit auch auf dem Arbeitsmarkt. So setze ich mich für das Verbot der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen ein. Außerdem ist
mir Equal Pay sehr wichtig, also gleicher Lohn für gleiche Arbeit. Dies betrifft sowohl die Gehaltsunterschiede zwischen Frauen und Männern aber auch die finanzielle Benachteiligung von
Leiharbeitern gegenüber der Stammbelegschaft in einem Unternehmen. Außerdem engagiere ich mich für eine gerechte Steuerpolitik, die auch global agierende Großkonzerne und zum Beispiel Erben von
sehr hohen Vermögen wieder stärker an der Finanzierung von wichtigen Aufgaben in unserer Gesellschaft beteiligt.
In der Wirtschafts- und Finanzpolitik und in der Europapolitik setze ich auf eine Beendigung der kontraproduktiven sowie einseitigen Sparpolitik, die zu massiven finanziellen und sozialen
Problemen geführt hat. Statt Sparprogrammen brauchen wir in Europa Investitionen in Infrastruktur, neue Technologien oder Klimaschutz und eine Strategie zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit. Die
von Merkel und Schäuble durchgesetzte Sparpolitik in Europa hat weder den Menschen genützt noch der wirtschaftlichen Entwicklung geholfen. Im Gegenteil, aus der europäischen Wirtschaftskrise ist
in vielen Ländern eine soziale und demokratische Krise geworden. Hier sind eine klare Haltung und eine wirtschaftspolitische Kursänderung erforderlich.
Gerne möchte ich auch meine kommunalen Erfahrungen in der Kultur- und Umweltpolitik in meine bundespolitische Arbeit einbringen und mich dort für Klimaschutz und eine starke Kulturszene stark
machen.
Und natürlich geht es darum, dass unsere Demokratie standhaft gegen rechts bleibt. Meine Partei ist die älteste demokratische Partei in Deutschland und hat sich in den dunkelsten Zeiten unserer
Geschichte für Demokratie und Menschenrechte engagiert. In Zeiten, in denen rechte Parolen versuchen Oberwasser zu bekommen und sich unsere politische Kultur verändert, möchte ich mich für
Vernunft und Aufklärung in der politischen Debatte einsetzen.
Welchen Stellenwert hat die LSBT-Politik in deinem Themenportfolio? Welche Beweggründe gibt es dafür?
Die LSBT-Politik und die Ziele der Community spielen für mich aus Gründen der Gerechtigkeit aber auch aus persönlichen Gründen eine wichtige Rolle. Ich werde die Anliegen der Community deshalb im
Wahlkampf und natürlich im Falle meiner Wahl im Deutschen Bundestag konsequent vertreten und auch Ansprechpartner für queere Menschen und queere Organisationen sein.
Was wünscht du dir mit Blick auf den Ausgang der Bundestagswahl bezogen auf das Themenfeld LSBT?
Ich setze auf eine Regierungskoalition, die endlich die Öffnung der Ehe beschließt und die bestehende Diskriminierungen, zum Beispiel im Arbeitsrecht oder bei der Blutspende von schwulen Männern,
abbaut. Wir müssen außerdem klar machen, dass LSBT-Rechte universelle Rechte sind und sollten uns auch im Rahmen der Außenpolitik weltweit für LSBT-Rechte einsetzen.
Du bist zurzeit Ratsherr der Landeshauptstadt Düsseldorf. Was macht dir Spaß an der Kommunalpolitik? Was ist dir hier besonders wichtig?
Besondere Freude bereitet mir an der Kommunalpolitik, dass man Menschen sehr oft bei sehr konkreten Alltagsproblemen helfen kann. In Düsseldorf engagiere ich mich für bezahlbare Wohnungen, eine
umweltfreundliche Verkehrspolitik und die Förderung des Radfahrens und von Bus und Bahn. Meine Schwerpunktthemen in den Ratsausschüssen sind Umwelt und Kultur. Ich setze mich daher als
Umweltausschussvorsitzender für saubere Luft, besseren Lärmschutz und für mehr Grünflächen in der Stadt sowie als Mitglied im Kulturausschuss für die Förderung von Kulturschaffenden und ein
pluralistisches Kulturangebot in Düsseldorf ein.
Wie beurteilst du in Düsseldorf das Leben von Lesben, Schwulen und Trans* und deren Stellenwert in der Kommunalpolitik?
Ich erlebe die Menschen in Düsseldorf tolerant. Die Ampel-Kooperation hat auch zu mehr Beachtung für die Belange von Schwulen und Lesben in der Kommunalpolitik geführt. Wir haben insbesondere für
die schwul-lesbische Jugendarbeit in der Stadt die finanziellen Mittel erhöht. Ich freue mich übrigens sehr, dass mit OB Thomas Geisel beim CSD endlich auch in Düsseldorf die Regenbogen-Fahne am
Rathaus weht.
Vielen Dank für das Interview.
Fragen: Oliver Erdmann | Fotos: privat