Schwule Szene in Düsseldorf – damals und heute

Beim Quartiersrundgang durch das Bahnhofsviertel haben rund 25 Teilnehmer_innen gestern die dort ansässige schwule Szene aus neuen Perspektiven kennengelernt und einiges über die Geschichte und Gegenwart der LSBT*-Community in Düsseldorf erfahren.

Bild: Regenbogenflagge in der Stadtmitte

Zum Rundgang am 29. März 2017 durch das bahnhofsnahe Szeneviertel hatte das Quartiersprojekt der Bahnhofsmission Düsseldorf in Zusammenarbeit mit dem Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen eingeladen. Die Forumssprecher Marco Grober und Christian Naumann führten die gemischte Gruppe aus Anwohner_innen und Interessierten an aktuelle und historische Orte vorwiegend schwulen Lebens in der Stadtmitte.

 

Bild: Teilnehmer_innen beim Quartiersrundgang

Los ging es am Hauptbahnhof, der schon immer ein ganz besonderes Publikum angezogen hat. Hier und in den Straßen rund um den Bahnhof ist auch heute noch die Drogen- und Stricher-Szene aktiv. In der Charlottenstraße findet seit jeher Straßenprostitution statt. Weibliche, aber auch transsexuelle Sexarbeiterinnen sind hier auf der Suche nach Freiern. Die Stadtmitte ist offiziell Sperrgebiet für derartige Gewerbetreibende, doch gänzlich vertreiben ließ sich die Szene nie. Mit speziellen Beratungs- und Hilfsangeboten kümmern Streetworker_innen um diese Menschen.

 

Bild: Marco Grober
Marco Grober (links) vom Präventionsteam der Aidshilfe Düsseldorf kennt sich in der schwulen Szene aus.

Zur schwulen Szene gehörten damals wie heute Lokale, in denen männliche Prostituierte die zumeist älteren Herren kennen lernen, denen sie gegen Geld Sexdienste verkaufen. Die Stricher kommen oftmals aus südosteuropäischen Ländern, in denen Homosexualität auch heute noch abgelehnt wird. Viele von ihnen würden sich nicht als schwul bezeichnen, doch einige könnten in Deutschland auch selbst die eigene sexuelle Neigung ausleben, schätzt Marco Grober, der in der Präventionsarbeit der Aidshilfe Düsseldorf tätig ist und die Szene daher intensiv beobachtet.

 

Bild: Sextoys im schwulen Buchladen
Sexspielzeug im schwulen Buchladen

Ebenfalls in der Bismarckstraße war bis vor einigen Jahren noch ein schwuler Sexshop mit Pornokino und Darkroom angesiedelt – ein beliebter Treffpunkt für Männer, die unkompliziert Sex mit Männern haben wollten. Früher hätten hier sogar organisierte Sexparties stattgefunden, weiß Marco Grober zu berichten. Heute ist davon nur noch ein gut sortierte Buchladen übrig geblieben, in dem es neben schwulen Magazinen und Pornofilmen auch Sextoys für jeden Geschmack zu kaufen gibt. Für die Rundgangsteilnehmer_innen gab es hier so einiges zu entdecken.

 

Bild: Teilnehmer_innen beim Raundgang durch das bahnhofsnahe Quartier
Teilnehmer_innen beim Rundgang durch das Szeneviertel.

Einen Darkroom gab es damals auch im Murphy's, einer Kneipe auf der Karlstraße, in dem sich schwule Männer mit Lederfetisch trafen. Vor rund zehn Jahren hat Romana Koren den Laden übernommen und zum stylischen K1-Club umgewandelt. Die Szenewirtin war auch Inhaberin weiterer Lokale für Schwule, Lesben und Freund_innen, die aber mittlerweile ihre Türen für immer geschlossen haben. Denn die schwul-lesbische Community sucht heutzutage seltener als früher spezialisierte Locations auf; die offener gewordene Gesellschaft macht sich hier bemerkbar.

 

Bild: Rundgangsteilnehmer_innen im Jugendzentrum PULS
Rundgangsteilnehmer_innen beim abschließenden Besuch im Jugendzentrum PULS.

Dennoch sind Szeneangebote weiterhin wichtig. Beim abschließenden Besuch des Jugendzentrums PULS auf der Corneliusstraße wurde dies deutlich. Hier treffen sich schwule, lesbische, bi- und transsexuelle Jugendliche, die auch heute noch Diskriminierung und Mobbing von Gleichaltrigen erleben müssen. Im PULS können sie ganz sie selbst sein, gegenseitig Erfahrungen austauschen und gemeinsam an Projekten arbeiten. Besondere Highlights sind hier die regelmäßigen Erzählcafés, bei denen generationsübergreifend Themen rund um das Schwul- oder Lesbischsein behandelt werden.

 

Die Suche nach den Orten von Lesben, Schwulen und Transsexuellen soll demnächst weitergehen. Im Juli dreht sich eine nächste Veranstaltung speziell um die lesbische Szene in Düsseldorf.

 

Infos unter www.diakonie-duesseldorf.de/leben-im-alter/projekte/quartiersprojekt-stadtmitte/

 

Text und Fotos: Oliver Erdmann