Bei der Uraufführung der abendfüllenden Tanzchoreographie „Petite Messe solennelle“ zu Gioacchino Rossinis gleichnamiger Messvertonung beweist Martin Schläpfer viel Mut und präsentiert dem Düsseldorfer Ballettpublikum einen Priester, der homoerotisch verführt wird.
Martin Schläpfer: Petite Messe solennelle – Christine Jaroszewski, Boris Randzio, Mariana Dias | Foto © Gert Weigelt
Die Premiere des Ballettabends b.32 im Düsseldorfer Opernhaus am 2. Juni 2017 war nicht ausverkauft, was aber auch dem Pfingstwochenende und den sommerlichen Temperaturen geschuldet war. Beim Schlussapplaus zeigt sich das Publikum zwar begeistert, aber nicht überschwänglich. Den Düsseldorfer Ballettfreund_innen kamen gewiss die Solotänze und Pas des deux zu kurz – und die durchaus kritische Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben drückte vermutlich ein wenig die Stimmung.
Wenn sich die Tänzer_innen mit Schinkenkeulen statt mit Peitschen kasteien, wenn sie sich mit Rosenkränzen in erotischer Ekstase präsentieren, wenn der Priester mit der homoerotischen Versuchung hadert, dann wird der konservativ-christliche Besucher_innen herausgefordert. Doch Martin Schläpfer, Chefchoreograph des Düsseldorfer Ballettcompagnie, traut sich was – und das ist gut so. Dass er dies zur geistlichen Musik von Rossini und seiner „Petite Messe solennelle“ tut, ist umso erfrischender. Denn wenngleich die Musik zum Teil beeindruckend modern und weltlich klingt, so ist der Gesang der Solist_innen doch zum Teil recht nervig kirchlich.
Die tänzerische Leistung des Balletts am Rhein steht auch beim Ballettabend b.32 außer Frage. Besonders beindruckend sind die Solotänze von Marcos Menha und von Friedrich Pohl. Viele mehr haben ihre glanzvollen Auftritte, doch Schläpfer hat das Stück dem Gesamtensemble gewidmet. Je mehr Tänzer_innen auf der Bühne agieren, desto intensiver wirken die Bilder. Das Bühnenbild von Florian Etti bleibt dabei eher schlicht, aber mit seiner architektonischen Sprache – zwischen Marktplatz und Kirchenschiff – unterstreicht es die Szenen auf vortreffliche Weise.
Musikalisch ist das 16-teilige Stück für zwei Klaviere und ein Harmonium konzipiert, für vier Solist_innen und einen Chor. Unter der Leitung von Axel Kober (Gesamtleitung) und Gerhard Michalski (Chor) schaffen die Instrumentalist_innen und Sänger_innen den musikalisch sakralen Rahmen für Martin Schläpfers wenig heilige Handlung. Ein schöner Kontrast – und ein durchaus sehenswertes Stück Tanzgeschichte.
Weitere Vorstellungen im Opernhaus Düsseldorf:
So 11.06. 15.00 Uhr / Sa 24.06. 19.30 Uhr / Do 06.07. 19.30 Uhr / Fr 07.07. 19.30 Uhr / Di 11.07. 19.30 Uhr / Sa 15.07. 19.30 Uhr / Mi 22.11. 19.30 Uhr / Sa 02.12. 19.30 Uhr / Fr 16.03. 19.30 Uhr
/ So 08.04. 15.00 Uhr
www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann