Das Ballett am Rhein zeigt in seinem Programm b.35 eine eindrucksvolle Bandbreite heutiger Tanzsprachen. Drei Choreographien feierten am vergangenen Freitag Premiere im Düsseldorfer Opernhaus – bei einem der besten Ballettabende der aktuellen Spielzeit 2017/2018.
b.35 zeigt drei Mal Tanz der Gegenwart. Entsprechend jung war für Düsseldorfer Verhältnisse das Premierenpublikum am 27. April 2018. Liebhaber_innen des klassischen Balletts waren zumindest bei den ersten beiden Stücken des Abends auf eine harte Probe gestellt. Schon hierfür muss es großes Lob für Martin Schläpfer und seine Düsseldorfer Compagnie geben. Hoffentlich war die Auswahl der Stücke mehr als ein Experiment.
Eröffnet wird das Programm mit einem grandiosen Stück des israelischen Choreographen Ohad Naharin, der für den von ihm entwickelten Gaga-Stil weltweit gefeiert wird. „Decadance“ ist eine Collage seiner Werke, die für seine Batsheva Dance Company entstanden sind. Ein extremer Tanz mit improvisierten Bewegungen und beeindruckenden Bildern – mal kraftvoll und wild, mal zärtlich bis erotisch. Die Tänzer_innen gehen sichtlich an ihre Grenzen. Besonders schön anzuschauen: Das Pas de deux der beiden Tänzer Pedro Maricato und Brice Asnar zur Musik aus einer Bollywood-Schnulze. Auch sonst gibt es eine passende Musikauswahl von Goldfrapp bis zu den Beach Boys.
Der zweite Programmteil ist eine Mischung aus Klang- und Kostümtheater. Der Düsseldorfer Choreograph Ben J. Riepe, der mit seiner eigenen Kompanie ein Meister der avantgardistischen Performance ist, tobt sich hier wahrlich aus. Für das Ballett am Rhein schafft er mit „Environment“ ein wahres Meisterwerk. Riepes Einfälle sind großartig. Ein Paar in grün-schwarz gepunkteten Kostümen mit Kubus-Helmen und einem quietschgrünen Gefährt erinnert an das Pop-Duo Pet Shop Boys. Der Sprecher in schwarzem Frack und mit großem Hut wird plötzlich Teil eines Caspar-David-Friedrich-Gemäldes. In ihren buntgemusterten Kostümen verschmelzen die Tänzer_innen immer wieder mit ihrer Umwelt. Auch die Abendmahl-Szene bleibt nachhaltig im Kopf. Großes Kino!
Nicht wirklich zum übrigen Abend passend, schließt sich dann eine weitere Uraufführung an: „Abendlied“ von Remus Şucheană. Der Ballettdirektor der Düsseldorfer Compagnie stellt seine zweite choreographische Arbeit für das Ballett am Rhein vor, deren musikalische Basis Franz Schuberts Kammermusikwerk „Trio Nr. 2 Es-Dur D 929“ für Klavier, Violine und Violoncello bildet. Seine Hauptfigur – gut getanzt von Eric White – wirft er in die Strudel des Lebens zwischen Licht und Schatten, Gut und Böse, Traum und Realität. Für diesen Abend leider ein etwas zu klassisches Ende.
Dennoch ist b.35 einer der besten Ballettabende der aktuellen Spielzeit. Unsere Empfehlung: Unbedingt ansehen!
Ballett am Rhein – b.35: Naharin/Riepe/Şucheană
Weitere Termine im Opernhaus Düsseldorf:
03.05. | 05.05. | 08.05. | 18.05. | 13.06.2018, jeweils um 19.30 Uhr
www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann | Fotos: Gert Weigelt