Bei der Premiere des neuen Ballettprogramms b.39 am vergangenen Freitag hat die Uraufführung von „Atmosphères“ von Martin Chaix für Aufsehen gesorgt. Choreographien von Hans van Manen und Martin Schläpfer rahmten das Stück des ehemaligen Tänzers ein.
Martin Chaix war von 2009 bis 2015 Mitglied in Martin Schläpfers Düsseldorfer Ballettcompagnie. Er tanzte in Choreographien unterschiedlichster Tanzrichtungen und Techniken, von der Klassik bis zur Moderne. Sein erstes eigenes Werk „We were right here!!“ schuf er 2013 für seine damaligen Tänzerkolleg_innen. Seit 2015 ist Chaix freischaffender Choreograph und hat mit verschiedenen Ensembles in Europa, Korea und Japan gearbeitet. Jetzt kehrte er mit der Uraufführung seines neuesten Werks ans Ballett am Rhein zurück.
„Atmosphères“ nennt er sein Stück, in dem er Klangwelten von Krzysztof Penderecki, György Ligeti und Ludwig van Beethoven aufeinandertreffen lässt. Martin Chaix, der auch als Fotograf arbeitet, hat als Hintergrund für seine Bühne einen riesigen Akt aus seiner Foto-Serie „Falling Angel“ ausgewählt. Der verschwommen dargestellte Körper, der über allem schwebt, lässt offen, ob es Mann oder Frau ist. Meisterhaft inszeniert er die Tänzer_innen durch Einsatz von Nebel an verschiedenen Stellen des Stückes. Auch nutzt er gekonnt die Bühnentechnik, um Tänzer in ihrer Bewegung verschwinden zu lassen. Offenbar kurzfristig entschied sich Martin Chaix gegen bleich geschminkte Gesichter (wie auf den Probenfotos), um nicht zu sehr an Butoh-Tanz zu erinnern. Insgesamt eine großartige choreographische Arbeit.
Das Ballettprogramm b.39, das am 12. April 2019 Premiere feierte, beginnt mit einer Arbeit des niederländischen Großmeisters Hans van Manen. Seine Stücke stehen zu Recht immer wieder auf dem Programm des Balletts am Rhein. Dieses Mal wurde das 2014 von Het Nationale Ballet Amsterdam uraufgeführte „Dances with Harp“ in einer neuen Fassung als „Dances with Piano“ vorgestellt. Am Klavier begeistert die junge, preisgekrönte Pianistin Schaghajegh Nosrati. Das reduzierte Bühnenbild (Keso Dekker) und das Lichtdesign (Bert Dalhuysen) fokussieren auf die sechs Tänzer_innen, die wunderbar harmonieren: Orazio Di Bella und Sonia Dvořák, Alexandre Simões und Doris Becker sowie Marcos Menha und So-Yeon Kim. Letztere sticht durch ihre geschmeidigen Bewegungen besonders heraus.
Das letzte Stück des dreiteiligen Ballettprogramms stammt von Martin Schläpfer. Der Chefchoreograph des Balletts am Rhein ließ sich von Béla Bartóks „44 Duos für zwei Violinen“ inspirieren. Dessen Sammlung von Volksliedern und Tänzen – in dem Musikstück von 1931 für pädagogische Zwecken zusammengefasst – wird zum Impulsgebern für 44 Tänze. Die zwei Violinen spielen Dragos Manza und Catherine Ribes. Die Tänzer_innen des Ballettensemble kommen und gehen, tanzen mal zu zwei, mal allein. Hin und wieder gibt es lustige Einfälle, wenn eine Gruppe von Figuren mit Kugelfüßen ein paar unsichere Schritte unternimmt. Martin Schläpfers wohlinszenierte Ein- bis Zweiminüter geraten dann in ihrer Gesamtheit aber doch etwas lang.
b.39 ist ein eher ruhiges, aber dennoch sehr unterhaltsames und inspirierendes Programm, bei dem die Tänzer_innen des Balletts am Rhein wieder ihr ganzes Können unter Beweis stellen.
Weitere Vorstellungen im Opernhaus Düsseldorf: Mo 22.04. (18.30 Uhr) / Fr 26.04. (19.30 Uhr) / Di 30.04. (19.30 Uhr) / Do 02.05. (19.30 Uhr) / So 05.05. (15.00 Uhr) / Fr 10.05. (19.30 Uhr) / So
12.05. (15.00 Uhr)
Infos: www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann