Mit herausragenden Leistungen des Ensembles und der einzelnen Tänzer*innen begeistert das Ballett am Rhein bei seinem aktuellen Programm b.42. Der dreiteilige Ballettabend ist ausschließlich im Theater Duisburg zu sehen, aber auf jeden Fall die Anreise wert.
Den Anfang macht „Square Dance“ von George Balanchine (1904-1983). Der russisch-georgische Choreograf kreierte das Tanzstück mit Anspielungen an den amerikanischen Volkstanz im Jahr 1957 für das New York City Ballet. In der Version von 1976 verzichtete Balanchine auf das ursprüngliche Beiwerk wie Heuballen und Streicher auf der Bühne und Halstücher bei den Tänzern und beschränkte sich auf ein „reines Ballett“. Vor blauem Hintergrund treten die Tänzer*innen ganz in weiß auf. Zur Musik von Antonio Vivaldi und Arcangelo Corelli begeistern sechs Tanzpaare und das Solo-Paar Sonia Dvořák und Orazio di Bella. Letzterer übernimmt den Solopart, den George Balanchine damals seinem Tänzer Bart Cook auf den Leib geschrieben hatte. Der italienische Tänzer Orazio Di Bella ist seit der Spielzeit 2018/19 Mitglied des Balletts am Rhein und glänzt mit seinem Solo, das er mit Balanchines Ex-Tänzer persönlich einüben durfte; Bart Cook selbst hatte nämlich die Einstudierung fürs Ballett am Rhein übernommen.
Im zweiten Teil zeigt Remus Şucheană mit „Symphonic Poem“ seine fünfte choreografische Arbeit für das Ballett am Rhein. Der Ballettdirektor der Düsseldorf-Duisburger Compagnie setzt sich hierin mit der Komposition „Metacosmos“ der Isländerin Anna Thorvaldsdottir (*1977) auseinander. In ihre Klangwelt lässt Remus Şucheană 21 Tänzer*innen eintauchen. Dass der rumänische Ex-Tänzer sein Handwerk bei Martin Schläpfer gelernt hat, wird auch bei seiner neuen Schöpfung deutlich, diesmal traut sich Şucheană aber mit seiner Musikauswahl und der Bühnenausstattung mehr als bei seinen bisherigen Werken. Das Bühnenbild von Darko Petrovic ist ein Hingucker; besonders die Idee, die drei Schlagzeuger „in den Himmel zu heben“ und die Tänzer*innen in der Ebene darunter agieren zu lassen, ist hervorragend. An die futuristische Mode des Couturiers Pierre Cardin erinnern die farbigen Kostüme von Mylla Ek. Es gibt viel Applaus bei der zweiten Aufführung am 12. Januar 2020.
Zum Abschluss des Ballettabends wird Martin Schläpfers „Reformationssymphonie“ wiederaufgeführt. Das Stück – choreografiert im Jahr 2008 für das Ballett am Staatstheater Mainz, seiner damaligen Wirkungsstätte – hatte der Schweizer bereits in seiner ersten Spielzeit als Ballettchef in Düsseldorf mit seiner neuen Compagnie in 2009 gezeigt. Jetzt – in Schläpfers letzter Spielzeit – ist die Wiederaufführung von „Reformationssymphonie“ der Beginn eines Best-of-Reigens, der in den nächsten Ballettprogrammen fortgesetzt wird (b.43: „Ramifications“, b.44: „Streichquartett“, b.17-Reprise: „7“ und die letzte „Schwanensee“-Aufführung im Juni 2020). Zur Sinfonie Nr. 5 von Felix Mendelssohn Bartholdy bewegen sich 18 Tänzer*innen in knappsitzenden und geschlitzten schwarzen Kostümen (Marie-Thérèse Jossen) vor schwarzem Hintergrund. Zu sehen ist Spitzentanz einmal anders, eher hart und aggressiv. Ein kraftvolles und emotionales Werk und mit Sicherheit eines der Topstücke von Martin Schläpfer.
Musikalisch bieten die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Martin Braun eine solide Leistung.
Das Programm b.42 mit seinen großartigen Choreografien und den glanzvollen tänzerischen Leistungen ist ein Muss für Ballettfreund*innen.
Weitere Aufführungen im Theater Duisburg: So 19.01.2020 (18.30 Uhr), Sa 25.01.2020 (19.30 Uhr), So 02.02.2020 (18.30 Uhr), So 16.02.2020 (15.00 Uhr), Sa 22.02.2020 (19.30 Uhr)
Infos: www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann