Mit neuem Leitungs-Duo, 15 neuen Tänzer*innen und einem großartigen Auftakt startet das Ballett am Rhein in die Spielzeit 2024/25. „Signaturen“ heißt das erste Programm mit drei wichtigen choreografischen Handschriften.
Für Raphaël Coumes-Marquet und Bridget Breiner war es die erste Bewährungsprobe vor Düsseldorfer Publikum. Der Franzose ist neuer Ballettdirektor beim Ballett am Rhein, die Amerikanerin ist die neue Chefchoreografin. Beide kennen sich seit vielen Jahren, waren zusammen beim Ballett der Semper Oper in Dresden engagiert und tanzten 2014 gemeinsam die Hauptrollen in „Giselle“ an Breiners damaliger Wirkungsstätte in Gelsenkirchen. Gemeinsam bewarben sie sich um die Nachfolge von Demis Volpi und überzeugten die Auswahlkommission. Mit „Signaturen“, ihrem ersten Programm für das Ballett am Rhein, gelang ihnen auch der Einstand vor großem Publikum. Langanhaltender Applaus und Standing Ovation krönten den Premierenabend am 19. Oktober 2024 sowie auch die zweite Vorstellung am gestrigen Sonntag.
Als erstes stand eines der wenigen Stücke von Hans van Manen auf dem Programm, die noch nicht in Düsseldorf/Duisburg zu sehen waren. Der niederländische Choreograf war 1971 zum ersten Mal in Düsseldorf zu Gast und hat sich seither zum „inoffiziellen Hauschoreografen“, wie Demis Volpi es zuletzt nannte, entwickelt. Die Stücke des heute 92-Jährigen sind Meisterwerke des neoklassischen Balletts. „Four Schumann Pieces“, ein Ballett voller Romantik und Eleganz, stammt aus dem Jahr 1975, uraufgeführt vom Royal Ballet London. Fünf Tanzpaare und ein Tänzer wirbeln anmutig in hautengen Kostümen in blau und rosa über die Bühne, die Arme meist gen Himmel gestreckt – eine typische Handschrift von Hans van Manen. Als Solist brillierte Tänzer Gustavo Carvalho.
Die zweite Signatur stammt von David Dawson. Der britische Tänzer und Choreograf zählt zu den führenden Tanzschaffenden im klassischen Ballett der Gegenwart. Eng ist seine Zusammenarbeit mit Raphaël Coumes-Marquet, der so etwas wie eine Muse für Dawson war, wie Bridget Breiner es in einem Interview formulierte. Seit 1999 arbeitete Coumes-Marquet mit Dawson zusammen, zunächst als Tänzer, dann als choreographischer Assistent. Er gastierte als Principal Guest Artist in David Dawsons „Faun(e)“ beim English National Ballet in London und studierte dessen Choreografien als Ballettmeister an zahlreichen Bühnen ein. Somit steht „Empire Noir“, ein energiegeladenes Stück aus dem Jahr 2015, auch als Handschrift des neuen Ballettdirektors auf dem Programm. Die rasante Reise durch die Dunkelheit der Nacht – mit der überaus kraftvollen Musik des britischen Komponisten Greg Haines – ist erstmals in Deutschland zu erleben und gewiss das Highlight des aktuellen Dreiteilers.
Mit dem dritten Stück hat die neue Chefchoreografin ihre Handschrift hinterlassen. Bridget Breiner, die als Tänzerin in Stuttgart und Dresden gefeiert wurde, war zuvor Ballettdirektorin in Gelsenkirchen und Karlsruhe. Für ihre Choreografie „Ruß – Eine Geschichte von Aschenputtel“, die in dieser Spielzeit auch in Düsseldorf zu sehen sein wird, erhielt sie 2013 den renommierten Theaterpreis „Faust“. In enger Zusammenarbeit mit dem Bühnen- und Kostümbildner Jürgen Franz Kirner schuf sie nun das Stück „Biolographie“, in dem sie mit der Figur Alexander von Humboldt auf die Suche nach Spuren und Wurzeln des Seins geht. Zu Sergei Rachmaninows zweitem Klavierkonzert op.18 in c-Moll tanzt fast das halbe Ensemble mit bunten, pfauenartigen Schleppen über die Bühne, erzählen Solist*innen tänzerisch ihre Geschichten und kommen alle zum großen energiegeladenen Finale zusammen. Neben den Düsseldorfer Symphonikern unter der Leitung von Benjamin Pope begeistert Alina Bercu am Klavier.
Ein sehenswertes Ballettprogramm zu Beginn der neuen Spielzeit. Ein künstlerischer Auftakt, der Lust auf mehr macht.
Weitere Aufführungen im Opernhaus Düsseldorf: So 03.11.2024, 15.00 Uhr | Mi 06.11.2024, 19.30 Uhr | Do 07.11.2024, 11.00 Uhr | Sa 09.11.2024, 19.30 Uhr | Sa 16.11.2024, 19.30 Uhr | So 24.11.2024, 18.30 Uhr | Sa 30.11.2024, 19.30 Uhr
Infos: www.operamrhein.de
Text: Oliver Erdmann