Viel Unterstützung aus Düsseldorf für eine queerfreundliche Politik im neuen Bundestag. Andreas Rimkus (SPD) holte sich ein Direktmandat, über die Landeslisten sicherten sich Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Zanda Martens (SPD) und Sara Nanni (GRÜNE) einen Platz im Parlament.
Bei der Bundestagswahl am 26. September 2021 wurde die SPD mit 25,7 Prozent bundesweit stärkste Kraft. CDU und CSU kamen zusammen auf 24,1 Prozent der Stimmen. Bündnis 90/Die Grünen wurden mit 14,8 Prozent auf Platz drei gewählt. Gefolgt von der FDP (11,5 Prozent), der AfD (10,3 Prozent) und der Partei Die Linke (4,9 Prozent).
In Düsseldorf waren rund 411.000 Bürger*innen wahlberechtigt; die Wahlbeteiligung lag bei 77 Prozent. Das Zweitstimmen-Ergebnis in den beiden Düsseldorfer Wahlkreisen zeigt ein etwas anderes Bild im Vergleich zum Bundesergebnis (siehe Grafik). Neben der Parteinenwahl wurden zudem in 299 Wahlkreisen in ganz Deutschland mit der Erststimme die Direktmandate vergeben.
Im nördlichen Wahlkreis Düsseldorf I wurde Thomas Jarzombek (CDU) mit 31,1 Prozent der Stimmen gewählt. Der Kreisvorsitzende der Union ist seit 2009 Mitglied des Bundestages. Seine Konkurrentin von der SPD kam auf 22,4 Prozent der Erststimmen. Zanda Martens zieht jedoch über die SPD-Landesliste ins Parlament ein. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) trat ebenfalls im Norden als Direktkandidatin an; sie erhielt 13,9 Prozent der Stimmen. Aber auch sie kann ihn Bundestagsmandat behalten, immerhin belegte sie Platz zwei der FDP-Landesliste.
Im Süden (Wahlkreis Düsseldorf II) gewann Andreas Rimkus (SPD) erstmals das Direktkandidat. War er bisher dank der SPD-Landesliste Bundestagsabgeordneter (seit 2013), bekam er nun 29,2 Prozent der Wähler*innenstimmen. Sylvia Pantel von der CDU (24,7 Prozent) verlor damit ihr Bundestagsmandat. Mit 21,4 Prozent landete die Kandidatin der Grünen auf Platz drei, doch auch Sara Nanni darf sich auf den Einzug in den Bundestag freuen; dank des guten Ergebnisses ihrer Partei reichte ihr der Listenplatz 17 fürs Ticket nach Berlin.
Die Bundestagsabgeordneten Andreas Rimkus (SPD), Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Zanda Martens (SPD) und Sara Nanni (GRÜNE) stehen für eine queerfreundliche Politik. Sie alle haben vor der Wahl die Forderungen der LSBTIAQ*-Community, die der LSVD in seinen Wahlprüfsteinen formuliert hat, unterstützt. Nachfolgend sind noch einmal die Antworten der vier Politiker*innen auf die Vorwahlbefragung von Düsseldorf Queer nachzulesen. Thomas Jarzombek (CDU) hatte sich nicht an der Befragung beteiligt.
Andreas Rimkus (SPD) ist seit 2013 Abgeordneter des Deutschen Bundestages, bei der Wahl 2021 gewann er erstmals das Direktmandat im Wahlkreis Düsseldorf II. Bei der historischen Abstimmung zur "Ehe für alle" am 30. Juni 2018 votierte Rimkus für die "Einführung des
Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" – so wie die Gesamtheit der SPD-Fraktion.
Andreas Rimkus (SPD)
Werden Sie sich dafür einsetzen, den Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auszubauen?
Andreas Rimkus: Ja. Menschen sollen unabhängig von ihrer sexuellen Identität frei und sicher leben können – mit gleichen Rechten und Pflichten. Das Diskriminierungsverbot wegen der
geschlechtlichen und sexuellen Identität werden wir in Art. 3 Abs. 3 GG aufnehmen. Das fordern wir seit 2011, und wir werden weiterhin dafür kämpfen, die entsprechenden parlamentarischen
Mehrheiten hierfür zu bekommen. Hinsichtlich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) sind wir der festen Überzeugung, dass dieses wichtige Gesetz einer Reform bedarf, um u.a. bisherige
Schutzlücken zu schließen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien zu reformieren?
Andreas Rimkus: Ja. Familie ist da, wo Kinder sind! Wir setzen uns ein für gleiche Rechte von gleichgeschlechtlichen Partner*innen in der Ehe, insbesondere bei Adoptionen. Um diesem Grundsatz
gerecht zu werden, wollen wir auch ein modernes Abstammungsrecht. Hierbei gilt es, die gesellschaftliche Realität auch in diesem Bereich rechtssicher nachzuvollziehen. Unsere Vorstellung, was das
vor allem für queere Eltern bedeutet, war in der zu Ende gehenden Legislaturperiode leider nicht in Einklang zu bringen mit der ablehnenden Haltung der CDU und CSU. Vor allem beim Thema
Mitmutterschaft gab es kein Entgegenkommen. Ein modernes Abstammungsrecht ohne Mitmutterschaft ist für uns aber nicht denkbar. Deshalb haben wir das Thema erneut als Forderung für die kommende
Legislaturperiode in unser Wahlprogramm aufgenommen. Wir sind froh, dass wir in den kommenden Jahren auf die wertvolle Vorarbeit für ein gutes Gesetz zurückgreifen können. Dafür hoffen und werben
wir jetzt für die nötigen politischen Mehrheiten im kommenden Bundestag.
Werden Sie sich dafür einsetzen, die Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anzuerkennen?
Andreas Rimkus: Ja. Wir wollen, dass künftig kein Gericht mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden soll. Psychologische Gutachten zur Feststellung der Geschlechtsidentität werden
wir abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sein Leben bestimmen können. Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandelt werden, deshalb werden wir das
Transsexuellengesetz reformieren.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* zu bekämpfen?
Andreas Rimkus: Ja. Die Statistiken zeigen leider, dass es auch in Deutschland erhebliche Probleme mit Hasskriminalität gegen LSBTIQ* gibt. Fälle von physischer und psychischer Gewalt sind noch
immer Alltag und die Dunkelziffer ist hoch. Wir wissen, dass aus Scham und Angst vor einem unfreiwilligen Coming Out oder davor, nicht ernst genommen zu werden, sich die Opfer zu selten bei den
Behörden melden. Auch am Arbeitsplatz sind viele Menschen nicht geoutet, weil sie Probleme mit dem Arbeitgeber oder den Kolleg*innen fürchten. Deshalb fordern wir in unserem Zukunftsprogramm
einen nationalen Aktionsplan gegen Homo-, Bi-, Trans- und Interphobie und Gewalt gegen LSBTIQ*. Dazu gehört auch eine weitere Sensibilisierung auf Seiten der Sicherheitsbehörden und der Justiz.
Wir werden dafür sorgen, dass homophob motivierte Kriminalität besser erkannt und klarer geahndet wird und solche Straftaten auch transparenter statistisch erfasst werden. Hass-motivierte
Straftaten dürfen nicht geduldet werden.
Werden Sie sich für Menschenrechte von LSBTIAQ* weltweit einsetzen?
Andreas Rimkus: Ja. Die SPD will, dass die Achtung, der Schutz und die Gewährleistung der Menschenrechte von queeren Menschen integraler Bestandteil der deutschen auswärtigen Politik und
Entwicklungszusammenarbeit ist. Dafür haben wir uns in der Bundesregierung mit Außenminister Heiko Maas eingesetzt und konnten hierfür im März 2021 einen wichtigen Schritt vorwärts machen: Im
engen Austausch mit dem LSVD und weiteren Personen der Zivilgesellschaft wurde ein Konzept für die Inklusion von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen für
die Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit erarbeitet, welches am 3. März 2021 vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Damit konnten wir erreichen, dass die Menschenrechte von queeren
Personen integraler und verbindlicher Bestandteil der auswärtigen Politik und Entwicklungszusammenarbeit der Bundesregierung sind. Wir freuen uns über diesen wichtigen Fortschritt und werden mit
aller Kraft weiter dafür streiten, dass die 29 Yogyakarta-Prinzipien weiter die Ausrichtung nicht nur der deutschen Politik bestimmen, sondern wir auch die vorhandenen Einflussmöglichkeiten
nutzen, sie weltweit stärker zur Geltung zu bringen. Die schwieriger gewordene Menschenrechtslage queerer Personen zeigt uns die Wichtigkeit, in diesen Bemühungen nicht nachzulassen.
Auf europäischer Ebene unterstützt die SPD die Strategie der EU-Kommission zur Gleichstellung von LSBTIQ*, denn die Europäische Union ist mehr als nur ein Wirtschaftsraum, sie ist eine
Wertegemeinschaft. Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist der Maßstab, dem sich die Mitgliedsstaaten verpflichtet haben. Gemeinsam mit der sozialdemokratischen Parteienfamilie in
Europa setzt sich die SPD für die Rechte von LSBTIQ* ein.
Werden Sie sich dafür einsetzen, eine menschenrechtskonforme und LSBTIAQ*-inklusive Flüchtlingspolitik umzusetzen?
Andreas Rimkus: Ja. Für die Aufnahme von Schutzsuchenden und damit auch für die Begleitung, Beratung und den Schutz queerer Personen sind in Deutschland in erster Linie die aufnehmenden Länder
und Kommunen zuständig. Wir begrüßen es sehr, dass es in fast allen Bundesländern und in vielen Kommunen Konzepte für die Unterbringung und Begleitung besonders schutzbedürftiger Personengruppen
unter den Asylsuchenden gibt. In der zurückliegenden Legislaturperiode wurden von Seiten des Bundes bauliche Schutzmaßnahmen für schutzbedürftige Personengruppen in den Flüchtlingsunterkünften
gefördert. Die „Mindeststandards zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften“ wurden zwischenzeitlich ergänzt durch Standards speziell zur Gruppe schutzsuchender
LSBTIQ. Zudem werden wir dafür sorgen, dass das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein faires und rechtsstaatliches Verfahren garantiert. Spätestens mit dem EuGH-Urteil von 2013
ist klar, dass die sexuelle Identität als Fluchtgrund anerkannt ist. Die existierenden Leitsätze für die Asylentscheider dürfen nicht nur auf dem Papier stehen, sondern müssen sich in der
Entscheidungspraxis des Bundesamtes widerspiegeln. Das gilt in allen Verfahren. Insbesondere und selbstverständlich gilt es Verfassungsrechtsprechung einzuhalten, die es untersagt, Asylsuchende
bei Nachforschungen faktisch zu outen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Respekt und Akzeptanz im Alltag zu stärken – auch durch einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTIAQ*?
Andreas Rimkus: Ja. Zu Recht stellt der Nationale Aktionsplan gegen Rassismus fest, dass die vielfältigen gesellschaftlichen Herausforderungen und Fragestellungen im Bereich sexueller und
geschlechtlicher Vielfalt einer ressortübergreifenden Herangehensweise bedürfen. Wir haben dafür gesorgt, dass der Aktionsplan um die Bereiche Homophobie und antihomosexuelle Gewalt erweitert
worden ist. Das SPD-geführte Bundesfamilienministerium hat zudem eine Strategie zum Schutz und zur Akzeptanz von geschlechtlicher Vielfalt entwickelt. Wir haben in der Bundesregierung zugleich
dafür gesorgt, dass über das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ erstmalig ein eigenes Kompetenznetzwerk im Themenfeld Homosexuellen- und Trans*feindlichkeit gefördert wird. Das Netzwerk wird vom
Lesben- und Schwulenverband Deutschland e.V. (LSVD), der Bundesvereinigung Trans* e.V. (BVT*) und der Stiftung Akademie Waldschlösschen gebildet. Mit einem Demokratiefördergesetz (das zuletzt am
Widerstand der Union scheiterte) wollen wir auch und besonders diese wertvolle Arbeit dauerhaft absichern.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das diskriminierende Blutspendeverbot für MSM zu kippen?
Andreas Rimkus: Ja. Der zwölfmonatige Ausschluss homosexueller Männer von der Blutspende ist diskriminierend und nicht haltbar. In unserem Zukunftsprogramm zur Bundestagswahl kündigen wir
entsprechend an, dass wir darauf hinwirken werden, dass die diskriminierende Richtlinie der Bundesärztekammer zur Blutspende abgeschafft wird. Darüber hinaus wollen wir ein LSBTI-inklusives
Gesundheitssystem. Die Initiative der WHO bezüglich eines nationalen LSBTI-Gesundheitsberichts nehmen wir ernst und wollen sie umsetzen. Deshalb begrüßen wir auch die Gesundheitsberichterstattung
zur gesundheitlichen Lage von lesbischen, schwulen, bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen Menschen des Bundes von 2020. Diese Entwicklungen gilt es fortzusetzen.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist seit 2017 Mitglied des Deutschen Bundestages. Die Düsseldorfer FDP-Kreisvorsitzende ist eine langjährige Verbündete der LSBTIAQ*-Community. Ihr gelang der Wiedereinzug ins Parlament über die FDP-Landesliste, wo sie hinter Parteichef Christian Lindner auf Platz 2 stand.
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP)
Werden Sie sich dafür einsetzen, den Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auszubauen?
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (MASZ): Ja. Wir Freie Demokraten wollen Artikel 3 Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen Identität ergänzen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte die FDP
gemeinsam mit Grünen und Linken in den Deutschen Bundestag eingebracht (https://dserver.bundestag.de/btd/19/131/1913123.pdf). Die Koalition aus Union und SPD hat jedoch bis zuletzt die finale
Abstimmung über diesen Gesetzentwurf blockiert. Wir teilen die Auffassung und gängige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die geschlechtliche Identität durch das Verbot der
Diskriminierung wegen des Geschlechts im Grundgesetz bereits erfasst ist. Eine diesbezügliche Klarstellung würden wir jedoch unterstützen. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes muss personell
und materiell so ausgestattet sein, dass sie auch bei Nachfragespitzen zeitnah und kompetent Auskunft geben kann, ohne ihre Arbeit in anderen Bereichen (z.B. der Telefonberatung) aussetzen zu
müssen. Die FDP will die Praxis vorhandener Möglichkeiten zur Verbandsklage kritisch evaluieren, um dessen Qualität bei der Wahrung berechtigter Interessen in Abgrenzung zur missbräuchlichen
Nutzung ("Abmahnindustrie") zu sichern. Kirchliche Privilegien im Arbeitsrecht sollten abgeschafft werden, soweit sie nicht verkündungsnahe Aufgaben betreffen, die vom Kern der Religionsfreiheit
geschützt sind.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien zu reformieren?
MASZ: Ja. Wir wollen das Familienrecht modernisieren und setzen uns für die rechtliche Anerkennung von Mehrelternschaften und Elternschaftsvereinbarungen vor der Zeugung ein. Bis zu vier
Elternteile sollen rechtliche Eltern sein können. Den belastenden Stiefkindadoptionsverfahren in Zwei-Mütter-Familien wollen wir ein Ende setzen. Die Co-Mutter soll z.B. im Falle einer anonymen
Samenspende automatisch rechtliche Mutter sein. Auch andere Konstellationen von Regenbogenfamilien - z.B. die Rolle schwuler Väter - wollen wir berücksichtigen und stärken. Die Möglichkeiten der
Reproduktionsmedizin sollen allen Menschen unabhängig von der sexuellen und geschlechtlichen Identität zugänglich sein, inklusive Eizellspende und altruistischer Leihmutterschaft. Um die
Akzeptanz von Regenbogenfamilien und Diversität zu steigern, setzen wir insgesamt auf mehr Aufklärungsangebote in Schule und Ausbildung, insbesondere für die LSBTI-sensible Qualifizierung von
Fachkräften in Pädagogik, Polizei, Medizin-, Pflege- und Heilberufen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, die Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anzuerkennen?
MASZ: Ja. Die FDP will das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat die FDP im Deutschen Bundestag vorgelegt
(https://dserver.bundestag.de/btd/19/200/1920048.pdf). Änderungen des personenstandsrechtlichen Geschlechtseintrags müssen ohne diskriminierende Hürden per Selbstauskunft im Standesamt möglich
sein. Angelehnt an das Alter der Religionsmündigkeit sollen Jugendliche ab 14 Jahren diese Selbstauskunft selbstbestimmt abgeben können. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen
vollständig von den Krankenkassen übernommen werden. Das Verbot genitalverändernder, also geschlechtszuweisender Operationen bei intersexuellen Kindern soll geschärft werden. Das
Offenbarungsverbot wollen wir stärken, um vor unfreiwilligen Outings zu schützen. Außerdem setzen wir uns für ein vollständiges Verbot der menschenverachtenden Konversionstherapien ein.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* zu bekämpfen?
MASZ: Ja. Wir brauchen endlich einen Nationalen Aktionsplan, der seinen Namen verdient. Die Polizei soll LSBTI-feindliche Straftaten bundesweit einheitlich erfassen und sie in ihrer Präventions-
und Öffentlichkeitsarbeit berücksichtigen. Es sollen dazu Ansprechpersonen für LSBTI bei den Polizeien und den Staatsanwaltschaften eingesetzt werden, auch um mögliche Hemmschwellen für die
Erstattung von Anzeigen abzubauen und den Opfern eine bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.
Hierbei erhoffen wir uns auch einen Abbau der Dunkelziffer. Durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen müssen Personen bei Polizei und Justiz für den Umgang mit Hasskriminalität gegen LSBTI
sensibilisiert werden. Homo- und transfeindliche Gewalt muss im Strafrecht genauso behandelt werden wie rassistische Gewalt. Die Forschung zu Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* wollen wir
insbesondere über eine dauerhaft abgesicherte Förderung der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld stärken.
Werden Sie sich für Menschenrechte von LSBTIAQ* weltweit einsetzen?
MASZ: Ja. Das LSBTI-Inklusionskonzept für die Auswärtige Politik und Entwicklungszusammenarbeit muss sich in Maßnahmen konkretisieren, die durch entsprechende Haushaltsmittel untersetzt sind. In
der EU muss die Bundesregierung auf einen europaweiten Schutz von LSBTI-Rechten hinwirken. Innerhalb der EU geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen sollen mit allen Rechten und Pflichten
anerkannt werden. Auch international will die FDP die LSBTI-Rechte stärken und fordert eine UN-Konvention für LSBTI-Rechte nach dem Vorbild der UN-Frauenrechtskonvention. Nirgendwo dürften
homosexuelle Handlungen und die geschlechtliche Identität kriminalisiert werden. Bei Strafverschärfungen gegen LSBTI solle Deutschland die Entwicklungszusammenarbeit auf den Prüfstand stellen.
Der massiven Unterdrücken von LSBTIAQ* in Polen und Ungarn darf die Bundesregierung nicht tatenlos zusehen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, eine menschenrechtskonforme und LSBTIAQ*-inklusive Flüchtlingspolitik umzusetzen?
MASZ: Ja. Der Asylgrund "Verfolgung wegen sexueller Identität" wird im Programm der FDP ausdrücklich hervorgehoben. Verfahren und Unterbringung für LSBTI-Geflüchtete müssen sicher sein. Für
Flüchtlinge aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten braucht es eine besondere Rechtsberatung, damit begründete Asylanträge aus diesen Ländern form- und fristgerecht gestellt werden können und
Abschiebungen in Verfolgerstaaten unterbleiben. Integrationsmaßnahmen müssen mit den Werten des Grundgesetzes die Vielfalt der offenen Gesellschaft als besondere Qualität und Vorteil
vermitteln.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Respekt und Akzeptanz im Alltag zu stärken – auch durch einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTIAQ*?
MASZ: Ja. Die FDP fordert einen Nationalen Aktionsplan gegen Homo-, Bi- und Transfeindlichkeit. Niemand soll in Deutschland wegen der eigenen sexuellen oder geschlechtlichen Identität Hass und
Gewalt erfahren oder in Angst davor leben müssen. Derzeit erleben wir jedoch eine Zunahme an LSBTIAQ*-feindlicher Hasskriminalität. Deshalb brauchen wir endlich einen Nationalen Aktionsplan (NAP)
auch auf Bundesebene, der konkrete Ziele und Maßnahmen definiert, und so seinem anspruchsvollen Namen gerecht wird. Der NAP muss vor allem folgende Punkte enthalten: Polizei und Justiz müssen
durch Aus- und Fortbildungsmaßnahmen stärker für den Umgang mit Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* sensibilisiert werden. Die Polizei muss das Thema in ihrer Prävention- und Öffentlichkeitsarbeit
stärker berücksichtigen. Wir müssen endlich bundesweit LSBTIAQ*-feindliche Straftaten gesondert als solche in der Kriminalstatistik erfassen. Es braucht außerdem eine regelmäßige Erfassung der
empirischen Daten über Ausmaß, Erscheinungsformen und Hintergründe der Gewalt gegen LSBTIAQ*, die dem Bundestag übermittelt werden. Die Polizei des Bundes und in den Ländern sowie die
Staatsanwaltschaften sollen LSBTIAQ*-Ansprechpersonen benennen, um mögliche Hemmschwellen für die Erstattung von Anzeigen abzubauen und den Opfern eine bestmögliche Betreuung zu gewährleisten.
Hierzu muss außerdem das Beratungs- und Selbsthilfeangebot für Betroffene gestärkt werden. Die Aufklärung über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt will die FDP stärken und die Bundesstiftung
Magnus Hirschfeld dauerhaft im Bundeshaushalt absichern.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das diskriminierende Blutspendeverbot für MSM zu kippen?
MASZ: Ja. Wir wollen eine vollständige Abschaffung des Blutspende-Verbot für homo- und bisexuelle Männer. Wir setzen uns darüber hinaus gegen die diskriminierende Erwähnung von Trans*Personen in
der Richtlinien zur Blutspende ein. Auch wenn trans* Menschen seit 2017 bei der Blutspende - anders als MSM - gegenüber cis hetero Personen in der Richtlinie gleichbehandelt werden, bleibt die
explizite Erwähnung unnötig und stigmatisierend. Die von der Bundesärztekammer angekündigten Änderungen des Blutspendeverbots lassen eine Lockerung, keineswegs aber eine vollständige Aufhebung
des diskriminierenden Blutspendeverbots erwarten. Daher setzen wir uns auch politisch weiterhin für eine vollständige Abschaffung ein. Blut ist nicht schwul oder hetero. Nicht die sexuelle oder
geschlechtliche Identität eines Menschen, sondern lediglich tatsächliches Risikoverhalten (bspw. ungeschützter Sexualverkehr mit wechselnden Partner:innen) soll für alle gleichermaßen
entscheidend sein.
Zanda Martens (36) ist erst seit 2018 Mitglied der SPD. Die Gewerkschaftssekretärin und Juristin bei der IG Metall bewarb sich erstmals im Wahlkreis Düsseldorf I als Direktkandidatin für den Deutschen Bundestag. Über die SPD-Landesliste zog sie als neue Abgeordnete ins
Parlament ein.
Zanda Martens (SPD)
Werden Sie sich dafür einsetzen, den Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auszubauen?
Zanda Martens: Ja. Die SPD Düsseldorf hat sich der Initiative zur Ergänzung des Artikel 3 Grundgesetz angeschlossen. In das Wahlprogramm der SPD Deutschland ist die Forderung aufgenommen worden.
Auf dem Grundgedanken, die gleichberechtigte Teilhabe aller Geschlechter und Identitäten sicherzustellen ist es ein Gewinn für die ganze Gesellschaft. Dafür braucht es auch Änderungen im
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien zu reformieren?
Zanda Martens: Ja. Wir schaffen ein modernes Abstammungsrecht. Wir setzten uns ein für gleiche Rechte von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, für alle Partner*innen in der Ehe und bei
Adoptionen. Wir wollen vielfältige Familienmodelle rechtlich absichern. Denn Verantwortung hängt nicht am Trauschein. Als ein Modell kann der französische "Pact civil de solidarite" dienen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, die Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anzuerkennen?
Zanda Martens: Ja. Kein Gericht soll künftig mehr über die Anpassung des Personenstandes entscheiden. Psychologische Gutachten zur Feststellung der geschlechtlichen Identität werden wir
abschaffen. Jeder Mensch sollte selbst über sich bestimmen. Wir wollen, dass trans-, inter- und nicht binäre Menschen im Recht gleich behandelt werden, deswegen wollen wir das
Transsexuellengesetz reformieren.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* zu bekämpfen?
Zanda Martens: Ja. Wir fordern den Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung aufzunehmen, die sich gegen queere Menschen richtet – in Deutschland und in der Europäischen Union. (siehe auch Antwort
Aktionsplan)
Werden Sie sich für Menschenrechte von LSBTIAQ* weltweit einsetzen?
Zanda Martens: Ja. Das LSBTI-Inklusionskonzept und die Yogyakarta-Kriterien sind für uns ein Leitfaden, für den wir uns auch international stark machen werden. Insbesondere die Europäische Union
führt uns vor Augen, dass es hier auch dringenden Handlungsbedarf gibt.
Werden Sie sich dafür einsetzen, eine menschenrechtskonforme und LSBTIAQ*-inklusive Flüchtlingspolitik umzusetzen?
Zanda Martens: Ja. Wir stehen für eine humanitäre und solidarische Asyl- und Flüchtlingspolitik in der Europäischen Union. Deshalb werden wir ein funktionsfähiges europäisches Asylsystem mit dem
notwendigen Gleichgewicht zwischen Verantwortung und Solidarität voranbringen. Es braucht eine Reform des Dublin-Systems, hin zu einem solidarischen Verteilungsmechanismus, der das Recht auf Asyl
vollumfänglich wahrt und gewährt. Wir werden die Genfer Flüchtlingskonvention verteidigen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Respekt und Akzeptanz im Alltag zu stärken – auch durch einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTIAQ*?
Zanda Martens: Ja. Wir wollen einen nationalen Aktionsplan gegen Homo-, Bi-, Trans-, Interphobie und Gewalt gegen LSBTIAQ* einführen und uns auf europäischer Ebene für die Ächtung solcher
Diskriminierungen einsetzen. Wir fordern den Kampf gegen Gewalt und Diskriminierung, die sich gegen queere Menschen richtet - in Deutschland und in der Europäischen Union.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das diskriminierende Blutspendeverbot für MSM zu kippen?
Zanda Martens: Ja. Wir werden darauf hinwirken, dass die entsprechende Richtlinie der Bundesärztekammer zur Blutspende abgeschafft wird.
Sara Nanni (34) war die Direktkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen im Wahlkreis Düsseldorf II. Der Landesverband NRW der GRÜNEN hatte sie außerdem auf Listenplatz
17 gewählt, der ihr nun das Ticket nach Berlin sicherte.
Sara Nanni (GRÜNE)
Werden Sie sich dafür einsetzen, den Diskriminierungsschutz in Artikel 3 Grundgesetz und im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auszubauen?
Sara Nanni: Ja, werde ich. Lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, inter* und queere Menschen sollen selbstbestimmt und diskriminierungsfrei ihr Leben leben können. Dafür und gegen gesetzliche
Diskriminierungen sowie Benachteiligungen und Anfeindungen im Alltag werden wir ein starkes Signal setzen und den Schutz von Menschen aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität durch
die Ergänzung des Artikels 3 Absatz 3 des Grundgesetzes sicherstellen.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das Abstammungs- und Familienrecht für Regenbogenfamilien zu reformieren?
Sara Nanni: Ja, auch dafür werde ich mich einsetzen. Das Abstammungsrecht muss unbedingt die Elternschaft von Menschen mit Geschlechtseintrag „divers“ berücksichtigen. Bei Kinderwunsch sollen
alle Paare und alleinstehende Frauen die Möglichkeit einer Kostenerstattung für die künstliche Befruchtung erhalten. Alle Kinder benötigen einen klaren Rechtsstatus; das Persönlichkeitsrecht auf
Kenntnis der eigenen Abstammung muss für alle Kinder gewahrt werden. Alle Eltern müssen gleichberechtigt sein. Als Mutter ist mir das eine Herzensangelegenheit.
Werden Sie sich dafür einsetzen, die Selbstbestimmung von trans- und intergeschlechtlichen Menschen rechtlich anzuerkennen?
Sara Nanni: Ja. Mit einem Selbstbestimmungsgesetz werden wir dafür sorgen, dass das überholte Transsexuellengesetz endlich aufgehoben wird. Eine Änderung des Geschlechtseintrags und des Namens
auf Antrag der betroffenen Person werden wir ermöglichen, ohne dass dafür psychologische Zwangsgutachten notwendig sind. Sie schaden den Menschen, die sich dem ausliefern müssen. Den Anspruch auf
medizinische körperangleichende Maßnahmen wollen wir gesetzlich verankern und dafür sorgen, dass die Kostenübernahme durch das Gesundheitssystem gewährleistet wird.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Hasskriminalität gegen LSBTIAQ* zu bekämpfen?
Sara Nanni: Ja, werde ich. Gegen LSBTIQ* gerichtete Hasskriminalität werden wir entschieden bekämpfen. Um queere Jugendliche insbesondere auch im ländlichen Raum zu schützen und zu stärken,
wollen wir mit einer bundesweiten Aufklärungskampagne für junge Menschen über die Vielfalt sexueller Orientierungen und geschlechtlicher Identitäten informieren und bezüglich Homo-, Bi-, Trans*-
und Queerfeindlichkeit sensibilisieren. Wir werden uns gemeinsam mit den Ländern dafür einsetzen, dass sich geschlechtliche und sexuelle Vielfalt und Diversität in den Lehr- und Bildungsplänen
wiederfinden und diese konsequent umgesetzt werden. Queerfeindliche Straftaten sollen statistisch gesondert erfasst werden. Diese Statistiken können dann in Zukunft auch eine wichtige Grundlage
für gezielte Prävention sein.
Werden Sie sich für Menschenrechte von LSBTIAQ* weltweit einsetzen?
Sara Nanni: Wir werden außenpolitisch für die weltweite Umsetzung der Yogyakarta-Prinzipien um Schutz von LSBTIQ* eintreten. In der Entwicklungspolitik wollen wir hier einen neuen Fokus setzen
und unser Engagement deutlich steigern. Das ist mir als Außenpolitikerin ein besonderes Anliegen. Mit Sorge betrachte ich die Debatte, die sich rund um Afghanistan etabliert: man müsse die Ziele
generell niedriger hängen. Außenpolitik darf bestehende Diskriminierungen nicht verstetigen, sondern muss sie aufbrechen helfen. So schwer dies auch oft sein mag.
Werden Sie sich dafür einsetzen, eine menschenrechtskonforme und LSBTIAQ*-inklusive Flüchtlingspolitik umzusetzen?
Sara Nanni: Ja. Wir wollen, dass Asylverfahren rechtssicher, fair und transparent gestaltet sind und eine Entscheidung in angemessener Zeit erfolgt. Dafür muss die Identifizierung besonderer
Schutzbedarfe – wie bei LSBTIQ* – vor der Anhörung erfolgen. Insbesondere die Berücksichtigung erlittener geschlechtsspezifischer Verfolgung und die dazugehörige Beratung im Asylverfahren sind zu
gewährleisten. Eine nichtstaatliche unabhängige Asylverfahrensberatung, von der Ankunft bis zum Abschluss des Verfahrens, wollen wir GRÜNE sicherstellen. Beschäftigte des BAMF müssen stärker
durch Fortbildungen für die besonderen Bedarfe von LSBTIQ* sensibilisiert werden. Abschiebungen in Verfolgerstaaten lehnen wir ab, ebenso die Ausrufung „sicherer“ Herkunftsstaaten.
Die besonderen Bedarfe von LSBTIQ* müssen bei der Unterbringung besser berücksichtigt und Schutzräume geschaffen werden. LSBTIQ*-Themen als Teil gesellschaftlicher Vielfalt müssen deutlich
stärker in Curricula der Sprach- und Orientierungskurse aufgenommen werden.
Werden Sie sich dafür einsetzen, Respekt und Akzeptanz im Alltag zu stärken – auch durch einen Nationalen Aktionsplan zur Akzeptanz von LSBTIAQ*?
Sara Nanni: Ja. Wir werden gemeinsam mit den Organisationen der Community einen bundesweiten ressortübergreifenden Aktionsplan „Vielfalt leben!“ für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher
Vielfalt vorlegen – mit dem Ziel, LSBTIQ* gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu garantieren, um die Akzeptanz von Vielfalt zu fördern.
Werden Sie sich dafür einsetzen, das diskriminierende Blutspendeverbot für MSM zu kippen?
Sara Nanni: Ja. Es kann nicht sein, dass dieses Gesetz immer noch aktuell ist. Das diskriminierende Blutspendeverbot für schwule und bisexuelle Männer sowie transgeschlechtliche Personen wollen
wir aufheben. Es wird Zeit.
Weitere Infos: DQ-Bericht vom 01.09.2021
Text: Oliver Erdmann