Seit gut einem Jahr zeigt das Düsseldorfer Schauspielhaus die Erfolgsshow „Drag & Biest“ – mit Dragqueen Effi Biest und Gästen. Für den Theaterdramaturgen Lasse Scheiba ist sein Alter Ego mehr als nur Verkleidung. Ihm sind queeraktivistische Botschaften wichtig.
Lasse Scheiba ist seit 2021 Dramaturg und Produktionsleiter beim Stadt:Kollektiv, der partizipativen Sparte am Düsseldorfer Schauspielhaus. Der gebürtige Hamburger war nach seinem Studium zunächst am Schauspielhaus der Hansestadt, später dann für acht Jahre am Jungen Deutschen Theater in Berlin tätig. Mit elf Jahren sah er in Hamburg seine erste Show mit Travestie-Star Mary. Es folgten Besuche im queeren Varieté Pulverfass – und der Funke sprang über. Vor gut fünf Jahren – an seinem 30. Geburtstag – stand Lasse Scheiba dann zum ersten Mal selbst als Dragqueen auf einer Berliner Bühne.
Nach seinem beruflichen Wechsel ans Düsseldorfer Schauspielhaus hat Lasse Scheiba hier eine regelmäßige Drag-Show etabliert. Seit Januar 2022 lädt sich sein Alter Ego Effi Biest befreundete Drag-Queens und -Kings ein und verbringt alle zwei Monate eine vergnügliche Zeit mit rund 90 Zuschauer*innen im „Unterhaus“. Es sei so etwas wie das „queere Wohnzimmer, in dem man sich wohlfühlt“, sagt Lasse. Dem 34-Jährigen geht es aber um mehr als einen unterhaltsamen Abend für das Publikum. Bei Effi Biests Moderationen sind ihm queeraktivistische Botschaften mindestens genauso wichtig. „Ich möchte die Bühne nutzen, um queere Themen voranzubringen“, sagt er.
Mit der Verknüpfung von Drag und Queerness hat sich Lasse Scheiba auch in seiner kulturwissenschaftlichen Masterarbeit beschäftigt. Er sieht Drag als „Aushängeschild queerer Revolution“, gerade bei den New Yorker Stonewall-Riots im Jahr 1969 spielten Dragqueens eine entscheidende Rolle. Bei Drag gehe es immer auch um Freiheit und um Freude am Queersein. Das merke er auch ganz persönlich: „Wenn ich als Effi moderiere, bin ich viel freier“, sagt Lasse – und mehr noch: „Drag gibt mir Kraft für den Alltag.“ Daher sieht er sein Engagement auf der Theaterbühne auch als eine Art von Empowerment für queere Menschen.
Neben „Drag & Biest“ sind dem Theaterpädagogen aber auch andere queere Formate am Düsseldorfer Schauspielhaus wichtig. Im Januar 2023 fand zum ersten Mal im Kleinen Haus der Contest „Drag Star NRW“ statt, bei dem fünf Drag-Queens und -Kings aus unterschiedlichen Städten um den Titel kämpften. Siegerin wurde Aria Viderci aus Gelsenkirchen – und soll nun in diesem Jahr Botschafterin der queeren Community sein. Bereits im vergangenen Jahr gab es die Lecture-Performance „Eine Lesbe ist eine Lesbe ist eine Lesbe“ von und mit Theatermacherin Liz Sonnen. Und am 11. März 2023 feiert der FLINTA*-Theaterclub (für Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nichtbinäre, trans und agender Personen) Premiere mit weiteren Vorstellungen am 12. und 18. März.
Die nächste Drag-Show im Unterhaus am 5. April 2023 ist bereits ausverkauft. Im Mai findet dann die letzte „Drag & Biest“ vor der Sommerpause statt. Doch vorher hofft Lasse Scheiba, dass es beim diesjährigen Düsseldorfer CSD vom 9. bis 11. Juni die ein oder andere Drag-Performance von Effi Biest und ihren wunderbaren Kolleginnen geben wird.
Text: Oliver Erdmann