Ein Denkmal für die queere Community

Düsseldorf hat ein neues Denkmal. Die queeren Held*innen von Claus Richter wurden heute von Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller enthüllt. Die LSBTIAQ*-Community würdigt das sichtbare Zeichen für Akzeptanz in der Landeshauptstadt.

Bild: LSBTIQ-Denkmal in Düsseldorf
Der neue „Ort für die Erinnerung und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ in Düsseldorf ist mehr als ein Meilenstein für die LSBTIQ*-Community. // Foto: Oliver Erdmann

Direkt am Rheinufer auf der Apollowiese stehen seit heute (15. Oktober 2021) vier Bronzefiguren auf einem Sockel. Sie stehen mit dem Rücken zueinander, halten sich an den Händen und recken die andere Hand mit geballter Faust oder dem Victory-Zeichen in den Himmel. Die Bronzeplastik des Künstlers Claus Richter mit dem Titel „Ein seltsam klassisches Denkmal“ ist der LSBTIAQ*-Community gewidmet. Der neue „Ort für die Erinnerung und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt“ in Düsseldorf, den die Arbeitsgemeinschaft der Düsseldorfer LSBTIQ*-Gruppen seit vielen Jahren eingefordert hat, soll an die Ausgrenzung und Verfolgung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und trans* Menschen erinnern und zugleich an deren Emanzipationsgeschichte, an den Kampf gegen Diskriminierung und Unterdrückung. Und er soll als lebendiger Ort der Begegnung für Offenheit und Akzeptanz stehen.

 

Bild: Enthülltes Denkmal mit Publikum
Trotz schlechten Wetters waren viele Menschen zur Enthüllung des LSBTIQ-Denkmals auf die Apollowiese gekommen. // Foto: Oliver Erdmann

Hierfür hätte es keinen besseren Platz in Düsseldorf geben können. Im belebten Regierungsviertel der Landeshauptstadt, in Sichtweite der NRW-Staatskanzlei, gleich neben der Rheinkniebrücke zwischen KIT und Apollo-Varieté. Hier flanieren nicht nur am Wochenende Tausende Düsseldorfer*innen und Besucher*innen auf der Rheinpromenade. Hier – auf dem benachbarten Johannes-Rau-Platz – feiert die Community alljährlich ihren CSD. So auch an diesem Wochenende. Das dreitägige Straßenfest, das sonst im Frühsommer stattfindet, wurde pandemiebedingt in den Herbst verlegt, und fiel nun passender Weise mit dem Tag der Enthüllung des Denkmals zusammen.


Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller sagte bei der Enthüllungsveranstaltung: „Düsseldorf ist eine weltoffene, bunte und tolerante Stadt. Hierher passt das Kunstwerk für die Erinnerung und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Mit diesem Ort gedenken wir der Diskriminierung von Lesben, Schwulen und trans* Menschen und schaffen gleichzeitig ein sichtbares Symbol für die Vielfalt in der Landeshauptstadt. Ich hoffe auch auf eine Strahlkraft: Dieser Ort soll uns alle immer wieder daran erinnern, dass ein vielfältiges und tolerantes Miteinander keine Selbstverständlichkeit ist. So soll es jede und jeden dazu ermutigen, sich dafür einzusetzen, für gegenseitigen Respekt und Akzeptanz einzutreten – und Hass und Diskriminierung damit entschieden entgegenzutreten.“

 

Bild: Enthüllung des Denkmals
Von links: Claus Richter (Künstler), Dr. Stephan Keller (Oberbürgermeister), Gabriele Bischoff (Rednerin für das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf) und Heike van den Valentyn (Vorsitzende der Kunstkommission Düsseldorf). // Foto: Oliver Erdmann

Für das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf erinnerte dessen ehemalige Co-Sprecherin Gabriele Bischoff daran, dass der Weg von der Idee zur Realisierung ein langer war. „Schon vor Jahrzehnten hat die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf das Schicksal der Homosexuellen in Düsseldorf zur Zeit des Nationalsozialismus mit einer Ausstellung und Publikation öffentlich gemacht. Damals, 1996, entstand die erste Idee für ein Denkmal. Eigentlich ist es unfassbar, dass es über 20 Jahre gedauert hat, bis es zu dem Verfahren mit Werkstattgespräch und Kunstkommission und der Einweihung des heutigen Denkmals gekommen ist. Aber: manche Bewegungen und Entwicklungen brauchen halt ihre Zeit“, sagte Gabriele Bischoff.


Ihre bewegende Rede beschloss Bischoff mit der Hoffnung, dass auch in einhundert Jahren die nachfolgenden Generationen noch wissen, was mit diesen vier Figuren hier am Rhein gesagt werden soll: „Wir stehen hier, weil es Menschen gibt, die sich dafür eingesetzt haben, dass Lieben und Begehren nicht darauf beschränkt wird, dass eine Frau einen Mann liebt und begehrt, sondern ein Mensch einen anderen Menschen. Und dass es mehr als zwei Geschlechter gibt.“

 

Bild: Claus Richter
Claus Richter vor seinem Kunstwerk "Ein seltsam klassisches Denkmal". // Foto: Oliver Erdmann

Der Kölner Künstler Claus Richter freute sich sichtlich, dass sein Kunstwerk für die LSBTIQ-Community nun Realität geworden ist. Zur Intention des Kunstwerks sagte er: „Die Figuren der Skulpturengruppe halten sich alle an den Händen. Sie sind vereint, und das hat etwas sehr Humanistisches für mich. Das ist eine Utopie, die nur ab und zu aufleuchtet, aber dann umso stärker und schöner. So kitschig das klingt: Es geht um die Kraft der Gemeinschaft.“


Für die Kunstkommission Düsseldorf, die das Projekt im Auftrag der Stadt verwirklicht hat, sagte die neue Vorsitzende Heike van den Valentyn: „Dank sei der ersten Kunstkommission Düsseldorf gesagt, die den Prozess in enger Zusammenarbeit mit zahlreichen Protagonist*innen, unter anderem dem Düsseldorfer LSBTIQ+ Forum, der Mahn- und Gedenkstätte, dem Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung sowie dem Oberbürgermeister Stefan Keller und seinem Vorgänger Thomas Geisel, begleitet, getragen und umgesetzt hat. Ich freue mich, dass die Landeshauptstadt Düsseldorf mit dem Werk von Claus Richter ein weithin sichtbares künstlerisches Zeichen für eine vielfältige und tolerante Gesellschaft setzt.“


Die Veranstaltung wurde moderiert von Laura Rohrbeck (WDR Lokalzeit Düsseldorf), die zu Beginn mit der Erinnerung an das Schicksal von Karl Carduck, einem schwulen Naziopfer, dem in Düsseldorf ein Stolperstein gewidmet ist, einen bewegenden Einstieg gab. Das queere Jugendzentrum PULS beteiligte sich mit einer Plakataktion und einem Überblick über die LSBTIQ-Situation von damals, heute und morgen an der feierlichen Veranstaltung. Neben den Reden gab es dann auch noch einen musikalischen Beitrag: Der ehemalige PULS-Besucher Mirko Allermann (Gitarre & Gesang) und Lisa Sophie Pauli (Gesang) begeisterten die zahlreichen Teilnehmer*innen mit einem selbst geschriebenen Song.

 

Bild: Kalle Wahle, Stephan Keller, Gabriele BIschoff, Hans-Georg Lohe
Nach der Veranstaltung gab's ein Gläschen Sekt. Von links: Kalle Wahle (CSD Düsseldorf e.V.), OB Stephan Keller, Gabriele Boschoff (LSBTIQ+ Forum Düsseldorf) und Hans-Georg Lohe (Kulturdezernent). // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Lisa Sophie Pauli und Mirko Allermann
Lisa Sophie Pauli und Mirko Allermann begeisterten die zahlreichen Teilnehmer*innen mit einem selbst geschriebenen Song. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Denkmal und PULS-Aktivist*innen
Das PULS Jugendzentrum beteiligte sich mit einer Themenaktion an der Veranstaltung. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Plakatgruppe 1
Erinnert wurde an die Erfolge der LSBTIQ-Emanzipationsbewegung in den letzten Jahrzehnten. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Plakatgruppe 2
Aktuelle Forderungen an die Politik wurden ebenso aufgegriffen. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Laura Rohrbeck
Durch das Programm führte die gut informierte Laura Rohrbeck von der WDR Lokalzeit Düsseldorf. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Christoph Westermeier
Der Künstler Christoph Westermeier hatte das Denkmal-Projekt für die Kunstkommission Düsseldorf intensiv mitbegleitet. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Blumengesteck am Denkmalsockel
Der AStA der Hochschule Düsseldorf würdigte die Aufstellung des Denkmals mit einem Blumengesteck. // Foto: Oliver Erdmann
Bild: Kamerateams am Denkmal
Großes Interesse an dem neuen Denkmal gab es auch von Seiten der Medien. // Foto: Oliver Erdmann

Zum Ort für die Erinnerung und Akzeptanz von geschlechtlicher und sexueller Vielfalt hat das LSBTIQ+ Forum Düsseldorf eine Website veröffentlicht: www.lsbtiq-erinnerungsort-duesseldorf.de

 

Text: Oliver Erdmann