Nach Paragraf 175 Verfolgte haben Anspruch auf eine Entschädigung. Die Frist für die Anträge an das Bundesjustizministerium läuft jedoch am 22. Juli 2022 aus. Die schwule Seniorenvertretung BISS appelliert an Betroffene, ihre Rechte jetzt noch wahrzunehmen.
Einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern standen in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR unter Strafe. Circa 55.000 Männer wurden nach dem Paragrafen 175 verurteilt. Erst vor fünf Jahren hat der Deutsche Bundestag dieses Unrecht aufgehoben. Alle Verurteilten sind damit automatisch rehabilitiert. Sie können eine Entschädigung beim Bundesamt für Justiz (BfJ) beantragen.
Das Problem: Viele, denen eine solche Entschädigung zusteht, haben ihre Rechte bislang nicht geltend gemacht. Jetzt aber drängt die Zeit. Denn nur Anträge, die noch bis zum 22. Juli 2022 beim BfJ
eingehen, müssen auch bearbeitet werden. Zu Unrecht Verurteilte, die sich erst nach diesem Stichtag melden, drohen leer auszugehen.
Sigmar Fischer von der Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) e.V. erklärt: „Viele Tausend Männer in Deutschland sind von diesem Unrecht betroffen, entweder weil sie verurteilt
wurden oder weil sie in Untersuchungshaft saßen oder anderweitig wegen ihrer sexuellen Orientierung staatlich verfolgt wurden. Leider ist die Entschädigungsregelung auf fünf Jahre beschränkt.
Manche wissen bis heute nichts von dieser Möglichkeit. Andere wiederum leben zurückgezogen, sind hochbetagt oder pflegebedürftig oder haben mit diesem Kapitel in ihrem Leben abgeschlossen, viele
sind auch inzwischen verstorben.“
BISS bietet allen Betroffenen Hilfe an, die notwendigen Formalitäten für die ihnen zustehende Entschädigung zu erledigen. Vorhandene Urteile kann man direkt mit einem formlosen Brief an das
Bundesamt für Justiz schicken. Haben die Betroffenen kein schriftliches Urteil zur Hand, müssen sie sich an die zuständige Staatsanwaltschaft wenden. „Das ist so im Gesetz vorgesehen. Wer bei
dabei Hilfe braucht, kann sich allerdings jederzeit an unsere Hotline wenden. Unter der kostenlosen Rufnummer 0800 175 2017 haben wir eine unentgeltliche Beratung eingerichtet“, so Fischer.
Einen Appell richtet BISS an Bekannte, Verwandte, Freunde, Betreuende und Pflegende. „Viele kennen vielleicht aus Erzählungen den ‚wunden Punkt‘ in der Biografie der Menschen, die nach den
Paragrafen 175/151 staatlich verfolgt oder verurteilt worden sind. Wir rufen sie auf: Motivieren Sie die Betroffenen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen und die ihnen zustehende Entschädigung
noch bis zum 22. Juli 2022 zu beantragen.“
Mehr Informationen zu dem Thema hat die Bundesinteressenvertretung schwuler Senioren (BISS) e.V. in einem Informations-Flyer zusammengefasst, der hier erhältlich ist: www.schwuleundalter.de
Quelle: BISS e.V.