OB Stephan Keller im DQ-Interview

Oberbürgermeister Dr. Stephan Keller ist in dieser Woche seit 100 Tagen im Amt. Im Interview mit Düsseldorf Queer spricht der CDU-Politiker über die vielfältige städtische Unterstützung für die LSBTIQ*-Community der Landeshauptstadt.

Bild: OB Stephan Keller
Dr. Stephan Keller (CDU) ist seit November 2020 neuer Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Düsseldorf. // Foto: Norbert Hüttermann/Landeshauptstadt Düsseldorf

Herr Dr. Keller, seit gut drei Monaten sind Sie neuer Oberbürgermeister von Düsseldorf und schon in den ersten Wochen Ihrer Amtszeit hing die Regenbogenfahne gleich zweimal am Rathaus, worüber sich die Community sehr gefreut hat. Was kann die LSBTIQ*-Community der Landeshauptstadt von Ihnen und der kürzlich vereinbarten schwarz-grünen Kooperation erwarten?


Düsseldorf ist eine tolerante weltoffene Stadt mit einer sehr bunten und aktiven Community. Als Oberbürgermeister ist es mir ein Anliegen, dass sowohl in der Stadt als auch in der Stadtverwaltung, alle Menschen offen und selbstbestimmt leben und arbeiten können und wir als Arbeitgeberin auch Vorbild für andere Unternehmen sind.


In meinem ersten Monat als Oberbürgermeister habe ich bereits mehrere Aktionen gerne unterstützt, u.a. habe ich am 11. November den DiverseCity-Kongress unter dem Motto "Voneinander Lernen - Lebens- und Arbeitswelten von LSBTIQ+" eröffnet, den die Landeshauptstadt gemeinsam mit dem Völklinger Kreis e.V. durchführt hat. Im vergangenen Jahr habe ich die lokale LSBTIQ+ Community als sehr stark und engagiert erlebt und freue mich beispielsweise über die Kreativität bei der Umsetzung alternativer, Corona-konformer Veranstaltungen.

 

Schwarz-Grün will einen Aktionsplan LSBTIQ* auflegen, der allen Maßnahmen einen konzeptionellen Rahmen gibt. Nach den Erfahrungen mit entsprechenden Aktionsplänen – u.a. auch beim Land NRW – ist dies eine Riesenaufgabe. Für die Koordination soll das Gleichstellungsbüro der Stadt zuständig sein – ohne allerdings personell besser aufgestellt zu werden. Wie kann das gelingen?


In der Kooperationsvereinbarung des neuen Gestaltungsbündnisses aus CDU und Bündnis 90/Die Grünen ist der Bereich LSBTIQ+ klar benannt. Eine Stärkung der Community seitens der Stadt wird entsprechend erfolgen. Um umfangreicher als bislang für die Belange der Community ansprechbar zu sein, kann die Community von einer Stärkung des Themenbereiches LSBTIQ+ im zukünftigen Amt für Gleichstellung ausgehen. Die Wahlprüfsteine seitens des LSBTIQ+ Forums sind eine Grundlage für den Aktionsplan. Auf diese Weise werden die Bedarfe und Wünsche der Community aufgenommen und in den Aufbau zukünftiger Strukturen einfließen.

Bei der seit 2016 existierenden Trans*beratung Düsseldorf gibt es eine enorm hohe Nachfrage. Als eine der wenigen konkreten Maßnahmen ist in der schwarz-grünen Kooperationsvereinbarung die Rede von Festigung der Beratungsstelle und Ausbau der Angebote. Werden Sie die Aufstockung der bisherigen halben Stelle ermöglichen?


Es hat sich gezeigt, dass die Einrichtung einer Trans*beratungsstelle in Düsseldorf notwendig und richtig war. In den vergangenen Jahren hat sich diese Beratungsstelle etabliert und wurde von vielen Betroffenen und Angehörigen aufgesucht. Ebenfalls wird die Fachexpertise von vielen Kolleg*innen anderer Beratungsstellen angefragt und sehr geschätzt. Der Bedarf überschreitet die Kapazitäten einer halben Stelle und soll, wie in der Kooperationsvereinbarung beschrieben, ausgebaut werden.

Während die Trans*beratung explizit genannt wird, bleiben andere wichtige Projekte unerwähnt. Das Schulaufklärungsprojekt SCHLAU zum Beispiel, das für seine Workshops bis Anfang 2020 ein Rekordaufkommen verzeichnete, oder das Projekt „Altern unterm Regenbogen“, dessen Förderung Ende des Jahres ausläuft. Wird die Stadt auch diese wichtigen Zukunftsprojekte weiter fördern?


Die kommunale Förderung der LSBTIQ+ Projekte und Einrichtungen hat eine hohe Bedeutung in Düsseldorf und ist auch im Vergleich zu vielen anderen Kommunen sehr fortschrittlich. Die Fachämter wie das Jugendamt, zuständig für das Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt „SCHLAU“, oder das Amt für Soziales, zuständig für „Altern unterm Regenbogen“, stehen in engem Austausch mit den Projekten. „SCHLAU“ ist bereits mit dem Jugendzentrum PULS in der Regelförderung. Das Projekt „Altern unterm Regenbogen“ entwickelt sich trotz der Covid-19-Pandemie erfolgreich. Von einer Fortführung dieser wichtigen Aufgaben ist auszugehen.

 

Bild: OB Stephan Keller im Düsseldorfer Rathaus
Voraussichtlich im Herbst 2021 will Oberbürgermeister Keller das Denkmal zur Verfolgung und Emanzipation von LSBTIQ* in der Landeshauptstadt einweihen. // Foto: Norbert Hüttermann/Landeshauptstadt Düsseldorf

Mit Blick auf die Situation von LSBTIQ* in Polen hat der Rat der Stadt Düsseldorf im vergangenen Jahr beschlossen, den Austausch mit der Partnerstadt Warschau im Bereich Verwaltung, Politik und LSBTIQ*-Community zu intensivieren. Die Stadt Köln verfügt über ein eigenes Budget für den städtepartnerschaftlichen Austausch zu LSBTIQ*-Themen. Könnte das auch ein Modell für Düsseldorf sein?


In der Sitzung vom 8. Oktober 2020 hat der Rat der Landeshauptstadt Düsseldorf den Antrag „Unterstützung von LSBTIQ+ in Warschau – Intensivierung der Städtepartnerschaft“ beschlossen. Damit hat der Stadtrat die Verwaltung beauftragt, einen Austausch zwischen Vertreter*innen der Stadtverwaltung, Politik und der LSBTIQ+ Community jeweils beider Städte zu organisieren. Dieses Vorhaben unterstütze ich gerne.


Am 16. November hat Düsseldorf beispielsweise gemeinsam mit der Partnerstadt Warschau am „International Day of Tolerance“ teilgenommen. An diesem von der UNESCO initiierten Tag zeigen Städte weltweit ihre Solidarität und Unterstützung für Minderheiten, indem Regenbögen an Gebäude projiziert oder Regenbogenflaggen gehisst werden. Der Oberbürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski, hatte mich gebeten, seinem Aufruf zur Teilnahme zu folgen und dem bin ich gerne nachgekommen.


In Düsseldorf stehen die Förderungsmöglichkeiten für einen städtepartnerschaftlichen Austausch grundsätzlich allen Bürger*innen und Gruppen der Stadt offen. Daher ist natürlich auch die Community eingeladen, internationale Kooperationen zu initiieren und Förderanträge zu stellen, wie es in der Vergangenheit beispielsweise das Bildungs- und Antidiskriminierungsprojekt SCHLAU getan hat. Mit einer kommunalen Finanzierung realisierten sie einen Austausch mit der LSBTIQ+ Organisation Different People e.V. in unserer Partnerstadt Chemnitz. Das Büro für Internationale und Europäische Angelegenheiten steht der Community jederzeit für Fragen zur Verfügung.


In Zeiten, in denen LSBTIQ+ in vielen Lebensbereichen immer selbstverständlicher selbstbestimmt leben können, erleben wir doch gleichzeitig eine Zunahme an Homo-, Trans- und Queerfeindlichkeit (nicht nur in Polen!). Daher sollten auch wir als Kommune eindeutig Position zu beziehen und uns solidarisch zu zeigen.

Im Wahlkampf haben Sie zugesagt, Pläne für ein Düsseldorfer LSBTIQ*-Zentrum als Oberbürgermeister unterstützen zu wollen. Welche Art von Unterstützung wollen Sie anbieten, welche Türen können Sie öffnen?


Ich befürworte das Vorhaben eine Begegnungsstätte für die LSBTIQ+ Community zu schaffen, in der es Raum und Zeit für Begegnung, Austausch und Veranstaltungen gibt. Die Ansprechperson für LSBTIQ+ im zukünftigen Amt für Gleichstellung steht zu dem Thema in Kontakt mit der Community und unterstützt bei der Konzeptionierung und Antragstellung. Auf Grundlage der Bedarfsanalyse, konkreten Umsetzungsplänen und Kostenaufstellungen werden wir gemeinsam Wege zur Realisierung der Begegnungsstätte finden.

Das Denkmal zur Verfolgung und Emanzipation von LSBTIQ* in der Landeshauptstadt ist in trockenen Tüchern. Der Künstler Claus Richter arbeitet bereits an der Umsetzung, die Standortsuche ist in vollem Gange. Dürfen sich die Düsseldorfer*innen noch in diesem Jahr auf die Errichtung dieses neuen Gedenkortes freuen? Und werden Sie dieses weithin einzigartige Denkmal einweihen?


Das Denkmal wird als Ort für die Erinnerung und Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt an einem sehr exponierten Ort am Rhein errichtet werden, der dem Rat voraussichtlich im März zur Entscheidung vorgelegt wird. Damit ist es ein weiteres wichtiges Puzzleteil in der Erinnerungsarbeit in Düsseldorf.


Gewidmet wird das Denkmal den Lesben, Schwulen, Bi und Trans*, die Opfer von Gewalt, Verfolgung und Diskriminierung in Düsseldorf geworden sind. Zudem ehrt es alle Düsseldorfer*innen, die in der Vergangenheit für die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt eingetreten sind und die dieses in der Gegenwart und Zukunft tun.


Laut Zeitschiene des Künstlers Claus Richter und der Düsseldorfer Kunstkommission ist eine Einweihung voraussichtlich für Herbst dieses Jahres geplant und ich werde die Einweihung selbstverständlich sehr gerne vornehmen.

 

Fragen: Oliver Erdmann