Holpriger Auftakt für Aktionsplan

Bei der Konferenz „Wir in Vielfalt – LSBTIQ*-Aktionsplan für Düsseldorf“ trafen sich am Freitag rund 50 Vertreter*innen aus Community, Politik und Verwaltung. Ziel sollte sein, den erarbeiteten Forderungskatalog an die Stadt zu konkretisieren.

Bild: Teilnehmende an der Konferenz "Wir in Vielfalt - LSBTIQ*-Aktionsplan für Düsseldorf" am 26. August 2022
Teilnehmende an der Konferenz "Wir in Vielfalt - LSBTIQ*-Aktionsplan für Düsseldorf" am 26. August 2022 in der Jugendherberge. // Foto: Oliver Erdmann

Die Konferenz „Wir in Vielfalt – LSBTIQ*-Aktionsplan für Düsseldorf“ am 26. August 2022, zu der das Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung im Auftrag des Gleichstellungsausschusses eingeladen hatte, fand in den Tagungsräumen der Düsseldorfer Jugendherberge in Oberkassel statt. Während die LSBTIAQ*-Community gut vertreten war, wenngleich einige wichtige Akteure fehlten, war das Interesse auf Seiten der Politik offenbar gering. Lediglich drei Vertreter*innen von Ratsfraktionen nahmen teil; neben der Gleichstellungsausschuss-Vorsitzenden Angela Hebeler (Grüne) waren Ratsherr Marcus Münter (CDU, stellv. Vors. des Kulturausschusses) und André Witner (FDP, Mitglied im Gleichstellungsausschuss) vertreten.


Das Team von Elisabeth Wilfart, Leiterin des Amtes für Gleichstellung und Antidiskriminierung, hatte die Konferenz vorbereitet, bei der ein zuvor von einer Lenkungsgruppe aus Vertreter*innen von Community und Verwaltung entwickelter Maßnahmenkatalog in drei thematischen Workshops behandelt werden sollte. Es sei der erste partizipative Teil des Prozesses, um einen LSBTIQ*-Aktionsplan für Düsseldorf aufzustellen, sagte Elisabeth Wilfart zu Beginn der Tagung. Man habe sich vorgenommen, aus der „großen Sammlung an Maßnahmen“ insgesamt 15 Handlungsvorschläge zu ermitteln, die in einem ersten Schritt prioritär angegangen werden sollte. Alle anderen Maßnahmen seien damit aber nicht vom Tisch, so Wilfart.


Die Teilnehmer*innen trafen sich dann in drei unterschiedlichen Workshops zu den Themen „Soziales“ (Kinder, Jugend, Familie, Alter, Pflege), „Gesundheit“ (Gesundheit, psychosoziale Dienste) und „Kultur & Integration“ (Kultur, Migration). Hier wurden die einzelnen Maßnahmen, die von der Lenkungsgruppe auf Basis einer von der Community erarbeiteten Forderungsliste formuliert worden waren, vorgestellt. Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit den einzelnen Maßnahmen blieb aus. Stattdessen war das erklärte Ziel der Verwaltung, je Workshop fünf Maßnahmen zu identifizieren, die priorisiert angegangen werden sollten. Dieses Vorgehen stieß zwar bei den Community-Vertreter*innen auf Kritik, es wurde dennoch so verfahren.


In den Workshops konnten die Teilnehmenden nun also für ihre persönlichen Favoriten unter einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen stimmen. Bei diesem Vorgehen konkurrierten die unterschiedlichsten Themen miteinander – von der Forderung nach mehr Repräsentanz von LSBTIAQ* in politischen Gremien bis hin zur Errichtung einer separaten Unterkunft für LSBTIAQ*-Geflüchtete. Jede*r Teilnehmer*in musste sich selbst Gedanken über die Wirkung für die Community, die Ressourcenbindung (Was kostet das? Welches Personal wird benötigt?) und die Realisierbarkeit (Wie wahrscheinlich ist es, dass eine Maßnahme umgesetzt werden kann?) machen. Für viele war dies eine kaum lösbare Aufgabe.


Am Ende waren es 15 Einzelmaßnahmen, die nun im weiteren Verfahren Vorfahrt genießen vor allen anderen ebenso wichtigen Maßnahmen. Alle sollen dafür sorgen, dass die Belange von LSBTIAQ* in Düsseldorf noch mehr als bisher in den Fokus gerückt werden. So soll die Stadt etwa die Weiterentwicklung des Projekts „Schwules Überfall-Telefon“ hin zu einem Überfalltelefon für alle LSBTIAQ* unterstützen. Ein eigenes Schutzraum-Angebot für trans* und inter* Personen soll in einem Schwimmbad eingerichtet werden. Erinnerungszeichen zum Gedenken an die Homosexuellen-Verfolgung in Düsseldorf zur Zeit des Nationalsozialismus sollen an unterschiedlichen Orten errichtet werden. Ein Fachtag zum Thema „LSBTIQ* und Migration“ soll für Fachkräfte im Bereich Migration und Integration durchgeführt werden.


Kein Thema im Rahmen der Konferenz war zum Beispiel das Queere Zentrum, das auf der Wunschliste der Düsseldorfer Community aber ganz weit oben steht. Der im Frühjahr 2022 gegründete Trägerverein steht seit längerem im Kontakt mit dem Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung und der Stadtspitze, die das Vorhaben prinzipiell unterstützen. Auch dieses Projekt – im Vergleich zu vielen Einzelmaßnahmen ein Mammutprojekt – soll Bestandteil des LSBTIQ*-Aktionsplans der Stadt werden, sagte Elisabeth Wilfart auf Nachfrage. Mit diesem Thema sei man aber „schon länger unterwegs“, weshalb man hierzu auf der jetzigen Konferenz nicht explizit eingehen wollte.


Deutlich gemacht wurde von Seiten der Community-Vertreter*innen noch einmal, dass es aus ihrer Sicht eben nicht um die Priorisierung von einzelnen Maßnahmen gehen dürfe. Marco Grober, Co-Sprecher des LSBTIQ+ Forums Düsseldorf, sagte, es müsste zunächst bereits Ermöglichtes bewahrt werden. Auch in den Workshops sei hervorgehoben worden, dass bestehende und wichtige Beratungsangebote wie die Fachstellen „Altern unterm Regenbogen“ und „Regenbogenfamilien“ oder die Transberatung zunächst einmal in einem verstetigten Rahmenvertrag mit der Stadt überführt werden müssten, um aus der zeitlich begrenzten Projektförderung herauszukommen. „Wir müssen die Probleme einheitlich lösen und dürfen keine Konkurrenzangebote schaffen“, so Grober.


Elisabeth Wilfart sagte der Community weiterhin ihre Unterstützung zu. Das Amt für Gleichstellung und Antidiskriminierung sei Sprachrohr und Brücke zur Politik und wolle „übermitteln, was wichtig ist“, so die Amtsleiterin. Letzten Endes verteilten die gewählten Vertreter*innen im Stadtrat die Gelder, wobei auch immer die gesellschaftliche und finanzielle Lage im Blick behalten werden müsse. Zum Abschluss der Konferenz dankte Elisabeth Wilfart den Teilnehmer*innen für ihr Engagement und zeigte die nächsten Schritte auf. Nach der Dokumentation der Veranstaltungsergebnisse und der Weiterleitung in die zuständigen Gremien werde weiter partizipativ an dem Aktionsplan gearbeitet. Zunächst müsse aber die seit fünf Monaten vakante LSBTIQ*-Stelle im Amt besetzt werden.

 

Text: Oliver Erdmann