DQ-Lesetipp | Januar 2025

Das Team der Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf stellt hier regelmäßig lesenswerte Bücher vor. Diesmal: „Die Nordseeprinzeßin“ von Maria Braig und „Herz des Imperiums“ von Everina Maxwell. Viel Freude beim Lesen!

Lesetipp Januar 2025
Buchcover "Die Nordseeprinzeßin"
© Selbstverlag Maria Braig

Die Nordseeprinzeßin

Maria Braig

Selbstverlag | ISBN 978-37598-8689-7

 

„Just because you’re paranoid, don’t mean they’re not after you.“ (Kurt Cobain)

 

Eine Nordseeinsel. 1945. In diesem Jahr wird die Protagonistin Annemarie als Tochter des Gutsbesitzers Henrich Ekhoff geboren. Der 2. Weltkrieg ist zu Ende, ihre viel älteren Brüder bleiben vermisst, wie zunächst auch der Vater, der erst nach dreijähriger Kriegsgefangenschaft auf die Insel zurückkehren kann. Für Annemarie ist er erst einmal ein komplett Fremder. Doch die beiden nähern sich an, nachdem der Vater seine Kriegstraumata mehr und mehr bewältigt hat. Das Mädchen ist ein Wildfang und hat seinen eigenen Kopf. Sie spielt mit den Jungen des Orts am liebsten Piratenspiele, ist entsetzt, als die Mutter ihr ein Kleid schenkt. Bald findet Annemarie in Geske Tütken eine Freundin; es kommt zu einem Eklat, als die Mutter die beiden Mädchen zusammen nackt im Bett erwischt. Annemarie und Geske werden jäh getrennt, Geske muss fortan ein Mädchenpensionat auf dem Festland besuchen. Die Eltern fassen den Plan, den Mantel des Schweigens über die Angelegenheit zu breiten und ihre Tochter auf die Verlobung mit dem Sohn eines begüterten Inselbauern vorzubereiten.

 

Im zweiten Teil des Buches finden wir uns im Jahr 2021 in Griechenland wieder. Die Übersetzerin Delia hat nach dem Tod ihrer Mutter deren Haus geerbt. Auf dem Dachboden finden sich Briefe, die Delia zutiefst verstören. Sie legen nahe, dass Delias Familiengeschichte eine andere ist als ihr erzählt wurde. Sie beschließt zu der in den Briefen erwähnten Nordseeinsel zu reisen, um ihrer eigenen Geschichte auf die Spur zu kommen.

 

Dieser zweite Teil des Buches hat mich bei der Lektüre deutlich mehr gefangen genommen. Froh der beklemmenden Atmosphäre, in der die Protagonistin aufwachsen musste, zu entkommen, wollte ich nun unbedingt wissen, wie die Schicksale der beiden Frauen miteinander verknüpft sind. Der Autorin Maria Braig gelingt es, in authentischen Bildern das Klima dieser Nachkriegsjahre, die durch starre Konventionen geprägt waren, nachzuzeichnen. Verdichtet auf den Kosmos einer abgeschlossenen Insel potenziert sich der soziale Druck auf die Heldin einmal mehr ─ mit nachhaltigen Folgen für ihre psychische Gesundheit. Doch im zweiten Teil des Buches steigt der Spannungsbogen und die Leser*Innen kommen in einer leichteren und versöhnlicher stimmenden Gegenwart an.

 

Das Buch liest sich leicht und behandelt doch einen schweren Stoff. Der Protagonistin wird in mehrfacher Hinsicht Gewalt angetan in einer Zeit, in der ein selbstbestimmtes Leben für eine lesbische Frau kaum möglich war. Es ist das Verdienst des Buches an diese Zeiten zu erinnern. Eine klare Leseempfehlung!

 

Vorgestellt von Andrea Schroeder

 

Buchcover "Herz des Imperiums"
© Cross Cult Verlag

Herz des Imperiums

Everina Maxwell

Cross Cult | ISBN 978-3-98666-450-3

 

In einer fernen Zukunft hat sich die Menschheit in der Galaxie ausgebreitet, unzählige Sonnensysteme sind besiedelt. Untereinander erreichbar sind sie durch ein Netzwerk stabiler Wurmlöcher, die durch die Resolution verwaltet werden. Alle 20 Jahre Ortszeit kommt ein Bürokrat der Resolution vorbei und erneuert das Abkommen mit der örtlichen herrschenden Macht. Nur politisch stabile Systeme bekommen Zugang zur restlichen Galaxie, anderenfalls wird man isoliert für eine Generation – auch eine Möglichkeit den Frieden zu erhalten und Chaos zu bekämpfen.

 

Im System des Imperiums, ein wenig hochtrabend als Bezeichnung für 7 Planeten, herrscht der Planet Iskat. Die Vasallenplaneten sind durch immer wieder erneuerte Ehen auf höchster Ebene mit Iskat verbunden. So wie zwischen Ihro Hoheit Prinz Taam von Iskat und Ihro Gnaden Graf Jainan von Thea. Doch acht Wochen vor Unterzeichnung des neuen Abkommens zwischen dem Imperium und der Resolution stirbt Taam bei einem Flybug-Unfall. Zwei Wochen später kommt es bereits erneut zur Hochzeit zwischen Jainan und Ihro Hoheit Prinz Kiem. Es ist Eile geboten, denn sollte der Bürokrat der Resolution der Meinung sein, dass mit der Ehe von Kiem und Jainan etwas nicht stimmt, könnte die Resolution das Abkommen aussetzen. Genau dieser Fall tritt ein, allerdings mit der Begründung, dass Taam wohl ermordet worden ist und das Imperium eher an der Vertuschung der Umstände interessiert sei.

 

Auf der einen Seite erfährt man aus wechselnden Perspektiven alles über die Gefühlswelt von Kiem und Jainan, die mit der Situation erst einmal klarkommen müssen. Taam und Jainan waren am Hof von Iskat das Vorzeigepaar und nun ist Jainan ausgerechnet mit dem berüchtigten Prinz Kiem erneut verheiratet worden. Kiem ist beiden Geschlechtern nicht abgeneigt, wurde allerdings nicht gefragt, ob er heiraten möchte, sondern angewiesen. Jainan hat zwar einer neuen Ehe zugestimmt, aber scheinbar nur, um Schaden von seiner Heimat Thea abzuwenden. Bei jedem Aufeinandertreffen der zwei, sind sie sorgsam darauf bedacht, die Gefühle des jeweils anderen nicht zu verletzen. Dies führt zu einer ganzen Reihe von emotionalen Missverständnissen.

 

Auf der anderen Seite ist der Mord an Taam der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Ereignissen, die alle dazu dienen, das Abkommen mit der Resolution zu verhindern. Doch wer steckt hinter alldem? Die Folgen des Scheiterns des Abkommens reichen von Bürgerkrieg im Imperium bis hin zu einer Invasion einer galaktischen Großmacht im System. Wer zieht hier warum die Fäden?

 

Der Roman ist nicht ganz leicht zu lesen. Es dauert ein wenig, bis man die unterschiedlichen politischen Parteien, Personen und auch die verschiedenen planetaren Besonderheiten auseinanderhalten kann. Auch in diesem Roman wird häufig das Neo-Pronomen Xier für alle Personen benutzt, deren geschlechtliche Zugehörigkeit nicht ganz klar zu sein scheint. Zu Beginn ein wenig irritierend, hilft es jedoch schnell zu einem besseren Verständnis der Handlung.

 

Vorgestellt von Markus Gickeleiter

 

Die Bücher können bei der LUSBD Lesben- und Schwulen-Bibliothek Düsseldorf kostenlos ausgeliehen werden.

 

Lesben- und Schwulenbibliothek Düsseldorf
im Bürgerhaus Angermund
Graf-Engelbert-Str. 9
40489 Düsseldorf
Geöffnet jeden Sonntag von 15.00 bis 16.30 Uhr

Anmeldung erforderlich

www.lusbd.de

 

DQ – Düsseldorf Queer dankt dem Team der LUSBD für die nette Zusammenarbeit.