Die Erwartungen waren hoch an die Neuinszenierung der Wagner-Oper „Das Rheingold“, will man doch in Düsseldorf in den kommenden Monaten den kompletten „Ring“ aufführen. Bei der Premiere am 23. Juni 2017 war das Publikum aber geteilter Meinung.
Michael Kraus (Alberich), Statisterie | Foto: Hans Jörg Michel
Den kraftvollen Bravo-Rufen für die großartigen Leistungen der Musiker_innen und Solist_innen standen beim Schlussapplaus zahlreiche Buh-Rufe gegenüber. Der Adressat: Regisseur Dietrich W. Hilsdorf. Offenbar konnte seine Inszenierung der Rheingold-Oper nicht wirklich überzeugen. War das Bühnenkonzept zu wenig innovativ, zu wenig mutig? Opern-Expert_innen loben die vielen kritischen Anspielungen auf den Antisemiten Richard Wagner. Zu Beginn etwa zitiert die Figur Loge die erste Zeile des Heinrich-Heine-Gedichts „Lore-Ley“: „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten... es... es... ES...“ In Loges Händen gehen Flammen auf. Heinrich Heine, der Jude... Feuer... Das ist einfach zu viel Insiderwissen, das da vom Publikum abverlangt wird. Auch dass das gesprochene „ES...“ musikalisch mit dem ES-Dur-Vorspiel des Orchesters aufgegriffen wird, ist nicht wirklich offensichtlich.
Das Bühnenbild von Dieter Richter bleibt schlicht: Ein großer Salon mit grünen runden Tischen, eine Metalltreppe, ein riesiges Fenster, in dem sich zunächst die Handlung auf einer Videowand widerspiegelt. Doch im weiteren Verlauf verzichtet man auf die Möglichkeiten, die die moderne Bühnen- und Videotechnik bieten. Als sich die Figur Alberich in eine Riesenschlange verwandelt, wartet man vergebens auf einen schönen Effekt, doch stattdessen bricht eine riesige Drachenkralle durch die Decke. Das war dann doch zu wenig. Der aus dem Rheingold geschmiedete Zauberhelm, der solche Verwandlungskräfte verleiht, ist in der Hilsdorf-Inszenierung ein güldenes Läppchen, das sich Alberich über den Kopf legt. Und das Verschwinden von Figuren gelingt auf einer modernen Opernbühne wohl auch besser, als den Darsteller unter den Tisch kriechen zu lassen. Da dürfen Zuschauer_innen heute einfach ein bisschen mehr erwarten. Und auch das Rheingold, um das sich die Handlung dreht, muss man auf der Bühne mit der Lupe suchen.
Nichtsdestotrotz ist das Düsseldorfer „Rheingold“ einen Besuch wert, schon wegen der beeindruckenden Leistungen der Darsteller_innen und der Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Axel Kober. Zweieinhalb Stunden ohne Pause dauert das Stück, und von Anfang bis Ende vermag die Musik zu begeistern. Das Stück von Richard Wagner ist nichts für Opern-Neulinge, zu wenig melodisch ist der Gesang, Arien gibt es nicht, der deutsche Text ist uralt und kaum verständlich. Die Musik ist zum Teil bombastisch, die Stimmen der Solist_innen sind es auch. Besonders schön sind das schon erwähnte Orchester-Vorspiel und der Gesang der drei Rheintöchter, dargeboten von Anke Krabbe, Maria Kataeva und Ramona Zaharia. In den Hauptrollen brillierten Simon Neal als Wotan, Michael Kraus als Alberich und Norbert Ernst als Loge. Bogdan Taloş in der Rolle des Riesen Fasolt erhielt vom Premierenpublikum den meisten Applaus für seine sängerische Leistung. Auch Ovidiu Purcel (Froh) und Cornel Frey (Mime) wurden mit großem Beifall bedacht.
Weitere Vorstellungen im Opernhaus Düsseldorf:
Do 29. Juni – 19.30 Uhr / So 2. Juli – 18.30 Uhr / Mi 12. Juli – 19.30 Uhr / Fr 14. Juli – 19.30 Uhr / So 16. Juli – 15.00 Uhr
Weitere Infos: www.operamrhein.de
Der Ring des Nibelungen – die weiteren Premieren in Düsseldorf:
Die Walküre: So 28. Januar 2018
Siegfried: Sa 7. April 2018
Götterdämmerung: Sa 27. Oktober 2018
Text: Oliver Erdmann