Pläne für Düsseldorfer Mahnmal werden konkreter

Breite Unterstützung, konkrete Vorschläge und viel Motivation – das ist das Ergebnis des gestrigen Werkstatt-Tages für ein Denkmal zur Ausgrenzung und Verfolgung von LSBTIQ in Düsseldorf. Das Mahnmal soll nach dem Wunsch der Teilnehmer_innen direkt am Rhein entstehen.

Bild: Teilnehmer_innen am Mahnmal-Workshop

Die Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf und das Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen hatten am 10. März 2018 zu einem offenen Werkstatt-Tag in die Mahn- und Gedenkstätte eingeladen. Zahlreiche Teilnehmer_innen, darunter Vertreter_innen des Rates der Landeshauptstadt, waren erschienen, um ihre Vorstellungen zu einem Gedenkort in der Stadt auszutauschen, an dem der während der NS-Herrschaft und in der Nachkriegszeit verfolgten Homosexuellen gedacht werden soll.

 

Bild: Gabriele Bischoff

In ihrer Begrüßung machte Gabriele Bischoff, Sprecherin des Düsseldorfer LST*-Forums, deutlich, dass die Pläne für ein Denkmal nicht neu sind. Schon 1996 gab es eine erste Initiative, die zwanzig Jahre später erneut aufgriffen wurde. Doch auch in den 2000er Jahren gab es kaum Unterstützung von Seiten der Politik. Die seit 2014 regierende Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hat bisher mit diversen Maßnahmen die queere Community unterstützt und steht auch den Plänen für ein Denkmal wohlwollend gegenüber. Den Initiator_innen sei stets wichtig gewesen, dass es kein privates Denkmal der Betroffenen sein dürfe, sondern dass Stadt und Gesellschaft ein solches Projekt mittragen müssten, sagte Gabriele Bischoff.

 

Bild: Bastian Fleermann

Dr. Bastian Fleermann, Leiter der Mahn- und Gedenkstätte Düsseldorf, lobte die bisherige Vorarbeit durch das Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen. Man habe bisher „überall nur Pluspunkte gesammelt“, so Fleermann. Er nannte beispielhaft die Unterstützung der „Düsseldorfer Jonges“; dass dieser Traditionsverein die Pläne unterstützt und sich auch finanziell beteiligen wolle, sei nicht selbstverständlich. Die Mahn- und Gedenkstätte habe schon 1984 eine Ausstellung zum Thema der Homosexuellen-Verfolgung in Düsseldorf gezeigt; auch die aktuelle Dauerausstellung klammere das Thema nicht aus. Die neue Denkmal-Initiative wolle er auch persönlich aktiv begleiten und unterstützen, so Dr. Fleermann.

 

Mit Impulsvorträgen startete der Werkstatt-Tag.

 

Bild: Marcus Velke

Der Historiker Marcus Velke begann mit einem persönlichen Fazit: „Düsseldorf braucht ein Mahnmal!“ Er beleuchtete die Verfolgung von Homosexuellen während der Nazidiktatur anhand von historischen Quellen und Fotos. Düsseldorf sei damals eine Hochburg der Verfolgung gewesen. In kaum einer anderen Stadt habe es mehr Verhaftungen auf Grundlage des Paragrafen 175 gegeben. Das Derendorfer Gefängnis war ein Zentrum für Zwangskastrationen bei schwulen Männern. Die größere Gefahr seien aber insbesondere die soziale Konsequenzen gewesen, die schwulen Männern drohten und deren Leben immens belasteten. Dies habe genauso auch für lesbische Frauen oder Trans- und Intersexuelle gegolten, so Marcus Velke.

 

Bild: Astrid Hirsch

Astrid Hirsch, Historikerin und freie Mitarbeiterin in der Mahn- und Gedenkstätte, gab einen Überblick über bestehende Denkmäler in der BRD und in Europa. Gedenktafeln für die homosexuellen Opfer wurden seit den 1980er Jahren zunächst in KZ-Gedenkstätten errichtet, viele tragen den Schriftzug „Totgeschlagen, totgeschwiegen“. 1989 wurde die erste frei zugängliche Gedenktafel am Berliner Nollendorfplatz enthüllt. Seit 1994 gibt es den „Frankfurter Engel“ im Zentrum eines gestalteten Platzes in der Innenstadt der Main-Metropole. 2008 wurde in Berlin-Tiergarten – in unmittelbarer Nähe zum Holocaust-Gedenkfeld – das Denkmal für die von den Nazis verfolgten Homosexuellen errichtet. Zuletzt kam 2017 ein begehbares Mahnmal in München hinzu.

 

Bild: Jörg-Thomas Alvermann

Die erst kürzlich ins Leben gerufene Kunstkommission für Kunst am Bau und im öffentlichen Raum der Landeshauptstadt Düsseldorf wurde von Jörg-Thomas Alvermann vorgestellt. Der Künstler und designierte Kommissionsvorsitzende bot schon jetzt eine enge Zusammenarbeit an. Wenn es um die künstlerische Gestaltung des Denkmals und die Suche nach geeigneten Künstler_innen gehe, wolle die Kunstkommission mit Rat und Tat zur Seite stehen.

 

In drei Workshops wurden konkrete Ideen ausgearbeitet.

 

Der von Landtagsvizepräsident Oliver Keymis moderierte Workshop zu Ort und Aussehen eines Denkmals erbrachte interessante und recht konkrete Ergebnisse. Die Teilnehmer_innen wünschen sich weniger ein skulpturales Denkmal als einen begehbaren Gedenkort. Die künstlerische Gestaltung müsse zum Ort passen – und diesen sieht man an einer zentralen Stelle in Düsseldorf: direkt am Rhein – etwa zwischen den beiden Düsselmündungen und damit unweit des historischen Gasthauses „Vater Rhein“, einem damaligen Treffpunkt von Homosexuellen und einem der Zentren der Repression durch Gestapo und Polizei.


Auch den Teilnehmer_innen am Workshop zur Frage „Wie schaffen wir eine gelebte und erlebte Erinnerungskultur“, der von der Landtagsabgeordneten Josefine Paul moderiert wurde, ist es wichtig, dass es sich um einen offenen und integrativen Ort handelt. Kein Denkmal, vor dem man steht und es betrachtet, sondern ein Ort, der zum Verweilen einlädt. Ein solcher Erinnerungsort soll als Lernort dienen und nicht nur die Community und die Interessierte Öffentlichkeit ansprechen, sondern auch „anders Interessierte“ erreichen können. Das Denkmal und der Gedenkort sollen ergänzt werden durch weitergehende Hintergrundinformationen – etwa über ein ausführliches Internetangebot.

 

Bild: Ansgar Drücker

Dass das Düsseldorfer Denkmal nicht nur den verfolgten Homosexuellen gedenken darf, war Konsens in dem dritten Workshop, der von Ansgar Drücker, dem Geschäftsführer des Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit, moderiert wurde. „Wem oder was gedenken wir?“ lautete die Überschrift und natürlich war von vornherein klar, dass es nicht nur um schwule Opfer und nicht nur um die Verfolgung durch die Nazis gehen darf. Auch lesbische Frauen und trans- und intersexuelle Menschen sollen im Fokus der Erinnerung stehen. Und auch die Verfolgung in der Bundesrepublik muss Thema des Denkmals sein.

 

Wie geht es jetzt weiter mit den Denkmalsplänen?

 

Das Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen hatte schon im Vorfeld viel Zuspruch für seine Pläne für ein Denkmal erhalten. Zahlreiche Akteur_innen der Düsseldorfer Stadtgesellschaft haben ihre Unterstützung zugesagt, darunter die AWO, die Diakonie, der DGB, der Stadtjugendring, die Jüdische Gemeinde, die Düsseldorfer Jonges und die Fortuna. Weitere Namen und Institutionen sollen in den kommenden Wochen und Monaten hinzukommen. Norbert Czerwinski, Sprecher der Grünen-Ratsfaktion, sagte zu, die nun konkreteren Pläne in die politischen Beratungen mit einzubringen und die Diskussion städtebaulicher Fragen, aber auch Fragen der Finanzierung auf den Weg zu bringen.

 

Auf der Internetseite des Düsseldorfer LST*-Forums (www.forumlstduesseldorf.de) werden in Kürze alle Details zum bisherigen Planungsprozess veröffentlicht und der weitere Weg beschrieben und begleitet.


Gabriele Bischoff vom LST*-Forum freute sich zum Abschluss des Werkstatt-Tages über die großartige Beteiligung: „Ich bin überwältigt, dass so viele gekommen und bis zuletzt geblieben sind.“

 

Die Initiative kann mit einer Spende unterstützt werden:
Zweck: „Denkmal Düsseldorf“
Empfänger: ARCUS-Stiftung
Bank für Sozialwirtschaft
IBAN: DE80 3702 0500 0001 2012 01
BIC: BFSWDE33XXX

 

Text: Oliver Erdmann | Fotos: dq/OE