LST*-Forum: Widerstand gegen Verwaltungsvorlage

Die Stadtverwaltung will zwei neue Straßen auf dem geplanten Grand Central Gelände am Hauptbahnhof nach den Partnerstädten Reading und Palermo benennen. Bezirkspolitiker_innen und das Forum Düsseldorfer Lesben- Schwulen und Trans*-Gruppen halten dagegen.

Bild: Montage Cilly-Helten-Straße

Seit Jahren gibt es im Düsseldorfer Stadtbezirk 3 eine Liste mit Namen von Personen, die bei künftigen Straßenbenennungen in den Stadtteilen Friedrichstadt, Unterbilk, Hafen, Hamm, Volmerswerth, Bilk, Oberbilk und Flehe berücksichtigt werden sollen. Den Bezirksvertreter_innen war dabei wichtig, dass insbesondere mehr Straßen nach Frauen benannt werden sollten. Auf besagter Liste steht auch der Name von Cilly Helten. Das Forum Düsseldorfer Lesben- Schwulen- und Trans*-Gruppen hatte sich dafür stark gemacht, dass die Widerstandskämpferin im Nationalsozialismus, die als Lesbe gebrandmarkt das KZ Ravensbrück überlebt hat, ganz oben auf der Wunschliste steht.


Dass die Stadtverwaltung in ihrer Beschlussvorlage für die Sitzung der Bezirksvertretung 3 am 5. Juli 2018 nun diese Wunschliste übergeht und Cilly Helten leer ausgeht, stößt nun auf Widerstand. Die Forumssprecher_innen Gabriele Bischoff und Christian Naumann wurden schnell aktiv und alarmierten die Bezirkspolitiker_innen. Dietmar Wolf, Mitglied der Bezirksvertretung für Bündnis 90/Die Grünen, will nun einen Änderungsantrag in die Sitzung einbringen. Der Kompromissvorschlag der Grünen sieht vor, die beiden Planstraßen nach Cilly Helten und Phoebe Cusden zu benennen. Letztere war Bürgermeisterin von Reading und Initiatorin der britisch-deutschen Städtepartnerschaft.


Auch Bezirksbürgermeister Marko Siegesmund von der SPD sieht die Verwaltungsvorlage kritisch. Gegenüber der Rheinischen Post erklärte er: „Die Vorlage widerstrebt allem, was vorbesprochen war.“ Es gebe einen berechtigten Wunsch, mehr Straßen nach Frauen zu benennen, so Siegesmund weiter. Allerdings habe die Straßenbenennung auch noch etwas Zeit, da die Bauarbeiten für das Grand Central gerade erst anlaufen.

 


DEMONSTRATION

 

Gemeinsam für lesbische Sichtbarkeit!
– Gemeinsam für eine Cilly-Helten-Straße in Oberbilk!

 

05. Juli 2018 | 16.30 Uhr

Ort: Vor der Bezirksvertretung 3 im Stadtteilzentrum Bilk (Bachstraße 145, 40217 Düsseldorf)

Liebe Mitstreiter*innen, liebe Freund*innen,

in Düsseldorf fordern wir – die Community von Lesben, Schwulen, Trans*, Bisexuellen und Queers – seit mehr als 5 Jahren eine Cilly-Helten-Straße. Im Jahr 2013 beschloss die Bezirksvertretung für Oberbilk einstimmig die Aufnahme des Namens Cilly Helten in den Namenspool. Passiert ist seitdem nichts.

Die Unsichtbarkeit von Lesben ist kein isoliertes Randthema, sondern zieht sich durch alle Bereiche der Düsseldorfer Gesellschaft. Dabei haben lesbische Frauen die Landeshauptstadt Düsseldorf an vielen Stellen positiv und nachhaltig verändert. Wir fordern deshalb mehr lesbische Sichtbarkeit. Eine Straßenbenennung nach Cilly Helten ist daher nicht nur ein Mittel, Cilly Helten zu würdigen, sondern auch lesbische Sichtbarkeit herzustellen.

Wer war Cilly Helten?

Cäcilie Anna Helten wurde am 26.10.1908 in Düsseldorf geboren. Nach dem Besuch einer Volksschule arbeitete Cilly Helten bis 1934 als Bäckerin. Kurz vor der Machtübernahme im Januar 1933 kam sie in Kontakt mit der Düsseldorfer KPD und freundete sich auch persönlich mit dem KPD-Funktionär Karl Giersiepen an. Dieser stellte nach 1933 den Kontakt zu kommunistischen Widerstandskreisen in Berlin her, wobei Cilly Helten die Weiterverbreitung der aus Berlin stammenden Flugblätter organisierte. Im April 1934 wurde sie verhaftet und wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Im Januar 1941 besuchte Cilly Helten die in Hessen lebende Anneliese Hoevel, die sie in der Haft kennengelernt hatte.
Am 30. November 1941 wurde der engere Kreis um Anneliese Hoevel und ihren Mann von der Gestapo entdeckt und wegen des Vorwurfs des Abhörens von Radiosendern verhaftet. Aufgrund der Aussage von Anneliese Hoevel wurde dann auch Cilly Helten verhaftet. Die Eheleute Hoevel wurden am 26.06.1942 zu Tode verurteilt. Interessant an den Vernehmungsprotokollen von Anneliese Hoevel sind die Äußerungen bezüglich der Homosexualität von Cilly Helten. Beide Frauen hätten sich in der Haft über lesbische Liebe unterhalten, was die Beamten als homosexuelles Verhältnis zwischen den beiden Frauen interpretieren und gegen Anneliese Hoevel verwandten. Die Gestapo warf Cilly Helten 1942 vor KPD-Flugblätter in Empfang genommen und für die Weitergabe derer gesorgt zu haben. Im Januar 1942 wurde sie freigesprochen, Mangels an Beweisen.

Am 05.07.1942 wurden sie aber trotzdem in Schutzhaft genommen, wegen des „Verdachtes zur Vorbereitung eines Hochverrats“ und sogar am 12.08.1942 ins KZ Ravensbrück eingewiesen. Cilly Helten überlebte das KZ.

Ihre Freundin Rosa Jochmann schrieb nach dem Tod Cilly Heltens 1974: „Sie war stets heiter und zu Späßen aufgelegt, aber zugleich ernst und politisch sehr bewusst… Cilly war auch hilfsbereit und aufopferungsvoll. Ich kam aus dem Zuchthaus und stand dem erbarmungslosen Lagerleben, in dem jeder Häftling Freiwild war, eingeschüchtert und hilflos gegenüber. Cilly führte mich behutsam hindurch und – soweit es ihr möglich war – auch um alle gefährlichen Klippen herum.“

Quelle: Forum Düsseldorfer Lesben-, Schwulen- und Trans*-Gruppen


Text: Oliver Erdmann | Bildmontage: OE/dq - Bild: Catella