Zum vierten Mal haben Tänzer_innen der Düsseldorfer Ballettcompagnie auf großer Bühne eigene Choreografien vorgestellt. Die Koreanerin So-Yeon Kim schuf ein Stück, mit dem sie „Liebe in ihrer ganzen Vielfalt feiert“.
Michael Foster: Opus 29 – Philip Handschin, Doris Becker, Rashaen Arts, Rubén Cabaleiro Campo, Aleksandra Liashenko, Eric White // Foto: Gert Weigelt
Für die vierte Edition von „Young Moves“ haben Tänzer_innen des Balletts am Rhein erneut erste eigene Choreographien entwickelt und auf der großen Bühne des Düsseldorfer Opernhauses präsentiert. Während Brice Asnar und Helen Clare Kinney erstmals ein Stück für ihre Ensemble-Kolleg_innen schufen, stellten Michael Foster und So-Yeon Kim bereits zum dritten Mal ihre eigenen Werke vor. Bei der Premiere am 5. Juli 2019 gab es dafür viel Beifall.
„As It Leaves...“ von Brice Asnar bildet den grandiosen Auftakt des Abends. Der junge Franzose, der seit der Spielzeit 2015/16 Ensemblemitglied des Balletts am Rhein ist, befasst sich in seinem Stück mit Verlust und Trauer. Wun Sze Chan und Daniel Vizcayo tanzen einen intimen Pas de deux mit akrobatischen Elementen und Versatzstücken aus Hip-Hop und Pop-Tanz. Asnars Musikauswahl („When the Party’s Over“ von Billie Eilish, „Looped“ von Ólafur Arnalds und Janus Rasmussen sowie „Palemote“ von Slow Meadow) ist hervorragend, seine Bühnenbild-Idee mit 18 lebensgroßen Figuren ist beeindruckend und auch das Lichtdesign von Thomas Diek ist überaus gelungen. Viel Applaus gibt es für die Tänzer_innen und den Choreographen.
Die Amerikanerin Helen Clare Kinney tanzt seit der Spielzeit 2014/15 in der Düsseldorfer Ballettcompagnie und präsentiert mit „UNQUALIFIED“ ihr erstes eigenes Werk. „Was qualifiziert mich, meine künstlerischen Visionen und meine Weltsicht mit der Öffentlichkeit zu teilen, was erlaubt meiner Stimme, dass sie gehört wird?“ Diese Frage diente Kinney als Ausgangspunkt ihrer Choreographie, die sie in Kollaboration mit ihren sechs Tänzer_innen schuf. Ann-Kathrin Adam, Yuko Kato und Virginia Segarra Vidal sowie Yoav Bosidan, Boris Randzio und Arthur Stashak haben sichtlich Spaß an dem Stück, dass ganz offensichtlich auch von der kürzlichen Zusammenarbeit des Balletts am Rhein mit Ben J. Riepe inspiriert wurde.
„Opus 29“ ist der Titel der Choreographie von Michael Foster und des von ihm ausgewählten Musikstücks „Die Toteninsel“ von Sergej Rachmaninow. Zu der dramatischen und bildhaften Komposition kreiert Foster schon routiniert sein drittes Ballett für die Düsseldorfer Compagnie. Großartig ist sein Bühnenbild mit acht weißen Rechtecken, die mal wie Wellen über den Tänzer_innen wogen und sich dann in einer anderen Szene als trennende Mauer zwischen ihnen aufbauen. Thematisch befasst sich der Amerikaner, der seit der Spielzeit 2013/14 im Ensemble des Balletts am Rhein engagiert ist, mit der Beziehung zwischen Publikum und Darsteller_innen, was besonders gut funktioniert, wenn er seine Tänzer_innen am Bühnenrand positioniert und eine Zeitlang in den beleuchteten Zuschauerraum schauen lässt. Viel Beifall bekommen Michael Foster und seine neun Tänzer_innen.
Zum Abschluss des Ballettabends wird es bunt. Die Koreanerin So-Yeon Kim, seit 2009/10 Tänzerin im Ensemble von Martin Schläpfer, feiert mit ihren „Rococo Variations“ die Vielfalt. Ihre Tänzerinnen tragen bunte Ballettröckchen, ihre Tänzer grelle Hüftbänder auf hautengen Anzügen. Zur Musik von Peter I. Tschaikowsky, der zeitlebens seine Homosexualität verbergen musste, beschäftigt sich So-Yeon Kim mit der Liebe in all ihren Variationen, denn auch in ihrer Heimat ist es bis heute nicht akzeptiert, schwul oder lesbisch zu sein. Die Choreographin entwirft ein Stück mit klassischem Balletttanz, in dem ihre drei Tanzpaare vor einem blauen Hintergrund und unter einem Kronleuchter auftreten, eine Hommage an Ballett-Großmeister George Balanchine. Das Frauenpaar Alexandra Inculet und Norma Magalhães, das Männerpaar Daniel Smith und Pedro Maricato sowie das gemischte Paar Tomoaki Nakanome und Sonia Dvořák tanzen ganz bezaubernd. Ein großartiger und berührender Schlussakt für die „Young Moves 2019“.
Weitere Aufführungen im Opernhaus Düsseldorf:
Di 09.07. und Sa 13.07. jeweils 19.30 bis 21.30 Uhr
Text: Oliver Erdmann