Leonie Dams leitet seit Mai 2019 das Landesprojekt ANDERS & GLEICH, das die LSBTIQ*-Community unterstützen will und mit seiner Kampagne für mehr Akzeptanz wirbt. Die 25-Jährige berichtet im Interview mit Düsseldorf Queer über ihre Arbeit.
1_ Wie waren Deine ersten Wochen als neue Koordinatorin beim Landesprojekt ANDERS & GLEICH?
Meine ersten Wochen waren spannend, super aufregend, interessant und ziemlich anstrengend. Kurz nachdem ich angefangen habe, waren die Büroräume auch noch eine Baustelle und dadurch war alles
etwas chaotisch. Ich musste unglaublich viele Zusammenhänge verstehen und mich in das breite Aufgabengebiet der Kampagne einarbeiten. Ich habe viele neue Menschen kennengelernt und freue mich,
dass ich direkt super herzlich von allen aufgenommen wurde. Sehr spannend war es, dass ich die Kampagne direkt schon auf den evangelischen Kirchentagen vertreten durfte. Das war ein voller
Erfolg.
2_ Worum genau geht es bei ANDERS & GLEICH?
ANDERS & GLEICH ist eine Aufklärungs- und Antidiskriminierungskampagne zu sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Nordrhein-Westfalen. Es geht darum die Selbsthilfe von LSBTIQ* Communitys
zu unterstützen und die Themen in der Allgemeinbevölkerung sichtbar zu machen. Wir arbeiten daran, dass Vielfalt von Menschen selbstverständlich wird, dass die Rechte von manchen Menschen nicht
immer wieder in Frage gestellt werden. Und wir arbeiten daran, dass Diskriminierung und Gewalt sichtbar gemacht und konsequent bekämpft werden. Dabei arbeiten wir eng mit verschiedenen
Fachstellen, Vereinen und Projekten von und für LSBTIQ* in NRW zusammen. Wir machen Informationsstände und stellen Aufklärungsmaterialien wie Broschüren, Poster, Postkarten und weitere
Informationen auf unserer Website bereit, klären über sexuelle und geschlechtliche Vielfalt auf, fördern die Akzeptanz und Wertschätzung von LSBTIQ* und schaffen Aufmerksamkeit. ANDERS &
GLEICH ist ein Projekt in Trägerschaft der Landesarbeitsgemeinschaft Lesben in NRW e.V. und wird gefördert vom Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes
Nordrhein-Westfalen.
3_ Wie unterstützt ANDERS & GLEICH die Arbeit von Community-Gruppen?
Die Community unterstützt ANDERS & GLEICH zum Beispiel bei Veranstaltungen und ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Ebenso verschicken wir themenspezifisch Informationsmaterialien von
Community-Angeboten mit, wenn wir Bestellungen verschicken.
4_ Was waren Deine bisher interessantesten Kontakte oder Einsatzbereiche – innerhalb oder außerhalb der Community?
Wow, das ist eine schwere Frage! Sehr spannend fand ich wie vorhin schon erwähnt die Kirchentage. Dort haben wir interessante Gespräche geführt und viel positive Resonanz bekommen. Insgesamt
finde ich es spannend, mit Menschen in Kontakt zu treten, die wenig Berührungspunkte mit den Themenfeldern LSBTIQ* haben. Dadurch kristallisiert sich dann nochmal heraus, wie man die Aufklärung
noch weiter ausgestalten kann, damit wir alle Menschen mitnehmen und so für den Umgang und die Belange von LSBTIQ* sensibilisieren.
5_ Wie wichtig ist Sichtbarkeit für die LSBTIQ*-Community?
Für die Community ist Sichtbarkeit super wichtig! Etliche Menschen haben keinen Kontakt zu lesbischen, schwulen, bisexuellen, transgeschlechtlichen, intergeschlechtlichen oder queeren Menschen
und damit fehlt ihnen der Bezug. Deshalb ist die Sichtbarkeit der Community wichtig, um Menschen zu zeigen und immer wieder zu erinnern, dass sexuelle und geschlechtliche Vielfalt existiert und
einen festen Platz in unserer Gesellschaft hat. Ebenso wichtig ist es, immer wieder sichtbar zu machen, dass es nach wie vor Diskriminierung und Gewalt gegen lsbtiq* Menschen gibt und dass sie
bekämpft werden muss. Wir brauchen auch Menschen außerhalb der Community, die für unsere Rechte eintreten und natürlich ist Sichtbarkeit wichtig, damit lsbtiq* Personen irgendwann automatisch
mitgedacht werden. Ebenso ist es für Menschen wichtig, die Anschluss, Hilfe oder Kontakte suchen, damit sie schnell wissen wo sie Hilfe oder Informationen zu Ihren Anliegen finden können.
6_ Wie wichtig ist Sichtbarkeit und Beteiligung von Trans* und Inter* in der LSBTIQ*-Community?
Noch immer gehören trans* und inter* Personen zu einer der am stärksten marginalisierten Gruppen, auch innerhalb der LSBTIQ* Community. Zum Beispiel ist die Repräsentation in Medien immer noch
sehr eindimensional. Meiner Meinung nach muss insgesamt mehr für positive/selbstbestimmte Sichtbarkeit von trans* und inter* Personen getan werden, um aktiv Trans*- und Inter*phobie
entgegenzutreten. Sichtbarkeit ist für trans* und inter* Personen oft ein zweischneidiges Schwert. Während ihre Körper in der Öffentlichkeit oft sehr sichtbar sind; trans* und inter* Personen
Gewalt erleben, ihre Privatsphäre verletzt wird oder sie fetischisiert werden, werden ihre Bedarfe/Forderungen ignoriert/unsichtbar gemacht. Geschlechtliche Identität sowie sexuelle Orientierung
sollte in allen gesellschaftlichen Bereichen immer mitgedacht werden. Dabei möchte ich aber noch unterstreichen, dass es meiner Erfahrung nach nicht an einer zu geringen Beteiligung von trans*
und inter* Personen liegt, dass sie nicht so sichtbar sind, wie beispielsweise Lesben oder Schwule, sondern daran, dass ihnen zu wenig Raum gegeben wird.
7_ Du engagierst Dich auch für das #LesbianTakeOver in Düsseldorf. Was ist das Besondere an diesem Format und wie erfolgreich ist es?
Das #LesbianTakeOver Düsseldorf ist im August 2017 ins Leben gerufen worden. Wir sind aktuell eine Gruppe von fünf lesbischen Frauen. Uns ist aufgefallen, dass es kaum noch lesbische Orte gibt,
wo man sich treffen kann. Früher gab es beispielsweise Café Rosa Mond oder den Frauenschwoof im zakk. Als dieser weggefallen ist, dachten wir uns, dass wir aktiv werden müssen. Wir treffen uns
einmal im Monat in wechselnden Kneipen in Düsseldorf. Seit diesem Jahr sogar zweimal im Jahr auch im zakk. Besonders an diesem Format ist, dass es vollkommen ungezwungen ist. Zwar heißen wir
#LesbianTakeOver, da wir uns für lesbische Sichtbarkeit engagieren, aber dabei ist uns auch wichtig niemanden auszuschließen. Daher sind unsere Treffen offen für alle Menschen, egal welchen
Geschlechtes oder sexueller Orientierung. Für Menschen, die wenig Kontakt in die Szene haben ist ein TakeOver ein guter Einstieg, da man ganz unauffällig kommen und gehen kann wie man möchte. Da
wir die Kneipen während der normalen Öffnungszeiten „übernehmen“, sind wir besonders sichtbar, da auch andere Besucher*innen der Kneipen mitbekommen, dass wir da sind. Das hat schon häufig dazu
geführt, dass wir gefragt wurden, wer wir sind, und wir konnten Menschen dadurch zum Nachdenken anregen oder sogar aufklären.
8_ Welche anderen Angebote für Lesben in Düsseldorf und Umgebung gefallen Dir?
Vor kurzem hat sich in Bochum Form Up! gegründet. Eine Gruppe für lesbische Frauen zwischen 20 und 35. Das finde ich sehr cool! Ebenso gibt es jetzt im Dezember das erste LesBiTakeOver in
Dortmund. Langsam kommen immer mehr Angebote in NRW. Das ist jetzt schon ein voller Erfolg!
9_ Was würdest Du Dir für die LSBTIQ*-Community in Düsseldorf wünschen?
Ich wünsche mir, dass wir noch sichtbarer werden, als wir es schon sind und dass die Zusammenarbeit immer wohlwollend ist. Die Community hat so viele verschiedene Belange und es ist wichtig, dass
wir uns gegenseitig unterstützen und allen gleichermaßen Raum geben. Auf die aktuelle politische Situation und den Rechtsruck geschaut ist es umso wichtiger, dass wir uns immer gegenseitig
mitdenken und für die Belange aller innerhalb der Community stark machen.
10_ Wie gefällt dir eigentlich „Düsseldorf Queer“?
Ich finde Düsseldorf Queer ist eine gute Plattform, um schnell Infos zu bekommen. Ich mag es schnell im Bilde zu sein, wenn ich einmal was verpasst habe. Danke dass du zur Sichtbarkeit beiträgst,
lieber Oliver!!!
Infos zum Projekt ANDERS & GLEICH: www.aug.nrw